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von Boris Buchholz

Veröffentlicht am 30.03.2023

die Ampel-Zählgemeinschaft wird Steglitz-Zehlendorf weiter regieren, Maren Schellenberg von Bündnis 90/Die Grünen wird Bezirksbürgermeisterin bleiben. Zumindest höchstwahrscheinlich. Am gestrigen Mittwoch teilten die beiden Kreisvorsitzenden der Grünen mit, dass sie ihrer Partei „die Fortführung der Ampel-Zählgemeinschaft unter einer grünen Bürgermeisterin empfehlen“. Ähnlich äußerte sich auch der Kreisvorsitzende der SPD, der Bundestagsabgeordnete Ruppert Stüwe: „Ich werde den Gremien der SPD vorschlagen, unsere Zählgemeinschaft mit den Grünen und der FDP fortzusetzen.“ Und weiter sagt er: „Diese Zählgemeinschaft hat eine Mehrheit der Wählerinnen und Wähler und der Stimmen in der Bezirksverordnetenversammlung hinter sich.“ In der Bezirksverordnetenversammlung kommt das Ampel-Bündnis auf 28 Stimmen, es ist eine knappe Mehrheit von einem Sitz.

Die CDU fand keinen Partner. „In den Gesprächen mit der CDU wurde deutlich, dass die destruktive Oppositionsarbeit der CDU-Fraktion in den vergangenen 18 Monaten das Vertrauen zwischen unseren Parteien beschädigt hat“, finden die beiden grünen Kreisvorsitzenden Johanna Martens und Kostas Kosmas. Daher sei Schwarz-Grün keine Option. Allerdings seien die Treffen mit der CDU „konstruktiv“ verlaufen, beide hoffen, „dass die Brücken für eine faire und fruchtbare Arbeit in der Zukunft wiederhergestellt werden können“.

Der SPD-Chef dankt der CDU für die „ernsthaften“ Gespräche. Doch habe die Zusammenarbeit mit Grünen und FDP in der Zählgemeinschaft „hervorragend funktioniert“. „Die Zählgemeinschaft arbeitet seit Beginn der Legislaturperiode intensiv daran, unseren Bezirk bürgerfreundlich, sozial und klimaneutral aufzustellen“, so Ruppert Stüwe. Die drei Parteien hätten sich ein Programm für fünf Jahre vorgenommen, „von dem wir überzeugt sind, dass es Steglitz-Zehlendorf voranbringen wird“. Ein deutliches Zeichen dafür, dass Grüne, SPD und FDP an keinem neuen Koalitions-Papier arbeiten, sondern an den im November 2021 geschlossenen Zählvereinbarungsvertrag festhalten (was die drei Parteien damals vereinbarten, lesen Sie hier).

Während SPD und Grüne sich klar zur Ampel äußern, hält sich FDP-Bezirkschef Sebastian Czaja am Telefon zurück. „Man tritt immer an, um zu gestalten“, sagt er vorsichtig. „Eher gestalten als Opposition“ sei zwar schon im Februar die bestimmende Richtung bei den Südwest-Liberalen gewesen. Doch ob sich die FDP an der Ampel beteilige, könne er nicht vorwegnehmen; das müssten die Mitglieder entscheiden.

Wie es jetzt weiter geht. Nachdem die Verhandlungsgruppen sich anscheinend einig sind, müssten nun die Parteien der Fortführung der Südwest-Ampel zustimmen. Bei der SPD wird bei einer Kreisdelegiertenversammlung am 2. April über das Bündnis entschieden. Die FDP lädt am 14. April zum Bezirksparteitag ein. Und bei den Grünen tagt am 18. April die nächste Kreismitgliederversammlung, auf der die Zählgemeinschaft grünes Licht erhalten könnte.

Die CDU ist wenig begeistert darüber, dass es im Bezirk wieder ampelt. „Wir bleiben bei unserem Anspruch, den Bezirksbürgermeister zu stellen“, stellt Stephan Standfuß, der CDU-Kreisvorsitzende, in einem Statement klar. Dass Maren Schellenberg im Amt bleiben soll, kritisiert er. Doch: „Natürlich ist das ein demokratischer Prozess und wir erkennen die Mehrheiten an, auch wenn sie mit einer Stimme denkbar knapp sind.“ Die Chance für eine liberal-bürgerliche Zählgemeinschaft sei vertan worden, „insbesondere bei ideologischen Themen wie bei der Verkehrspolitik oder bei Straßenumbenennungen“.

Offene Punkte. Dass Grüne, SPD und FDP die politische Führung im Bezirk behalten möchten, scheint jetzt geklärt. Auf der Zu-entscheiden-Liste der Bezirkspolitik stehen nun noch diese offenen Punkte:

  • Wer wird dritte Stadträtin oder dritter Stadtrat der CDU? Sie hat einen Sitz im Bezirksamt hinzugewonnen und kann nun drei, statt wie bisher zwei „Regierungsmitglieder“ stellen. Stephan Standfuß sagt, dass sich seine Partei über die Osterferien Zeit „für eine geeignete Auswahl nehmen“. Eine Kreismitgliederversammlung ist für die letzte Aprilwoche anberaumt; dann sollen sich alle Nominierten präsentieren und eine Kandidatin oder ein Kandidat gewählt werden. Frühestens im Mai könnte das Bezirksamt dann komplettiert werden.
  • Wer räumt bei der SPD seinen oder ihren Sessel im Bezirksamt? Den Sozialdemokraten steht nur noch ein Posten im Bezirksamt zu. Wer wird gehen: Stadtentwicklungsstadtrat Michael Karnetzki oder Jugend- und Gesundheitsstadträtin Carolina Böhm? (Wobei „gehen“ den Kern des Vorgangs nicht ganz trifft: Wer durch die Wiederholungswahlen aus dem aktiven Stadtratsdienst ausscheidet, erhält bis zum Ende der Wahlperiode in dreieinhalb Jahren seine vollen Bezüge. Es sei denn, er oder sie nimmt einen neuen Job an.)
  • Können vom Bezirksparlament am 19. April die Ausschüsse endlich eingesetzt werden, damit die parlamentarische Arbeit wieder starten kann? Bisher lautete die Argumentation der CDU, dass die Ausschüsse erst gebildet werden könnten, wenn die Ressortverteilung im Bezirksamt feststehe.

Manches klärt sich, anderes verbleibt im politischen Frühlingsnebel. Das Nebelhorn tönt und kündigt an: Steglitz-Zehlendorf behält wohl die erste grüne Bezirksbürgermeisterin seiner Geschichte. Sollte es so kommen, hätte die Ampel nun komplette fünf Jahre Zeit – von Ende 2021 bis Herbst 2026 –, sich zu beweisen.