Kiezkamera

Veröffentlicht am 15.04.2021 von Boris Buchholz

„Warum ist die Glienicker Brücke nur halb gestrichen?“, fragte nach einem Spaziergang im Schloßpark Babelsberg Leser E. beim Tagesspiegel nach (von ihm stammt auch das Foto). „Oder soll die unterschiedliche Farbe die frühere Grenze markieren – oder die jetzige zwischen Berlin und Brandenburg?“

Die Recherche gestaltete sich schwierig: Denn welche amtliche Stelle aktuell für das Brückenbauwerk zwischen Berlin und Brandenburg zuständig ist, konnte noch nicht abschließend geklärt werden. Das Wasserstraßen-Neubauamt Berlin verwies auf das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Spree-Havel (WSA), das WSA leitete mich an den Brandenburger Landesbetrieb Straßenwesen Region West, Dienststätte Potsdam, weiter – am Telefon erklärte man mir dort, nein, die Brücke würde von der Berliner Senatorin für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz verwaltet werden. Kurz vor Redaktionsschluss kam von dort der Hinweis, dass Berlin seit dem 31.12.2020 nicht mehr für den Bund die Glienicker Brücke verwalte, sondern seit dem 1. Januar die bundeseigene Autobahn GmbH zuständig sei. Darauf wäre ich alleine nicht gekommen. Die Anfrage läuft weiter …

Zum Glück hat Leser E. seine Frage nicht nur an den Tagesspiegel, sondern auch in Kopie an die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg gesandt. Und die dortige Brückenexpertin verwies auf einen Zeitungsartikel des Tagesspiegel-Schwesternblatts „Potsdamer Neueste Nachrichten“ aus dem Jahr 2013. Der Kollege Peter Könnicke hatte damals herausgefunden, dass der zweigeteilte Anstrich ein Vorvereinigungsrelikt ist: Die West-Berliner Seite der Brücke wurde bereits Anfang der 1980-er Jahre gestrichen, die Brandenburger Hälfte aber erst fünf Jahre später. Dadurch ergibt sich ein versetzter Alterungsprozess der Farbe.

Außerdem gestalteten sich Malerarbeiten in Ost und West etwas kurios. In beiden Fällen stammt zwar die Farbe aus derselben Lackfabrik im Westen. Doch die Behörden im West-Berlin wählten den Farbton DB 603 und die im Osten den etwas helleren DB 601 aus. Insofern hat Leser E. Recht behalten: Die Farbe markiert bis heute den ehemaligen deutsch-deutschen Verlauf der Grenze.

Brücken erhalten etwa alle 40 Jahre einen neuen Korrosionsschutz, schrieb mein PNN-Kollege 2013. 2025 könnte die Brücke also wieder gestrichen werden – ob sie dann einheitlich in DB 603 oder 601 in der Sonne glänzen wird, bleibt abzuwarten.