Namen & Neues

Steglitzer Blindenwerkstatt: Kaum Chancen für Stuhlflechter und Korbmacher

Veröffentlicht am 26.10.2017 von Boris Buchholz

Im Juni wurde zum ersten Mal intern über die mögliche Schließung der Blindenwerkstatt in der Rothenburgstraße, die vom Blindenhilfswerk getragen wird, gesprochen. Anfang Juli wurde der Beschluss gefasst: Jetzt haben alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – 13 sind blind oder sehbehindert, fünf können sehen – ihre Kündigungen erhalten. Je nach Betriebszugehörigkeiten müssen die ersten Beschäftigten zum Ende des Jahres ihre Arbeitsplätze räumen, die letzten sind zu Ende April 2018 gekündigt. Ab Dezember würden keine Bürsten mehr produziert, berichtet Heike Lohrengel, Mitarbeiterin seit 25 Jahren und Betriebsrätin: „Bei den Stühlen werden die Aufträge, die noch da sind – und es sind reichlich da – abgearbeitet.“ Neue Aufträge würden nicht mehr angenommen.

Die Jobaussichten für die Mitarbeiter in der Stuhlflechterei und Korbmacherei sind mau – für die Bürstenmacher gibt es Hoffnung. Eine Bürstenmacherin sei bereits bei einer anderen Werkstatt in Neukölln untergekommen, sagt Betriebsrätin Lohrengel. Auch die anderen drei Bürstenmacher hätten Chancen, dort arbeiten zu können. „Natürlich möchten die Kollegen aber wissen, ob es eine Abfindung gibt – und wenn ja, möchten sie die dann auch haben.“ Für die sieben Mitarbeiter in der Stuhlflechterei und die beiden Korbmacher sähen die Berufsaussichten dagegen schlecht aus. Einzig eine Behindertenwerkstatt sei noch eine Option; allerdings „erhalten sie dort keinen Mindestlohn, sondern ein Taschengeld“. Die Blindenwerkstatt agiert auf dem ersten Arbeitsmarkt, „das gibt ein gewisses Selbstbewusstsein“, analysiert Heike Lohrengel. Zugleich sei dadurch aber auch keine Hilfe vom Staat zu erwarten, „da müsste er sich ja um jeden kleinen Handwerksbetrieb kümmern, der zumacht – das macht er jetzt gerade mal bei Air Berlin“. Allerdings sagt sie auch: Weder die Berliner Stadtreinigung noch das Grünflächenamt hätten in der Werkstatt je einen Besen gekauft. Ihr Fazit: „Ich sehe nicht, wo das Wunder herkommen soll.“

Die Gespräche mit dem Träger zum Sozialplan sind gescheitert. „Wir hatten Vorschläge als Betriebsrat gemacht“, erzählt Heike Lohrengel. Der Vorstand und die Geschäftsführung hätten „die Endsumme gehört und dann abgewunken“. Demnächst wird der Sozialplan vor der Einigungsstelle bei Gericht verhandelt. Am 9. November beschäftigt sich der Sozialausschuss der Bezirksverordnetenversammlung mit dem Aus für die Blindenwerkstatt. Boris Buchholz