Namen & Neues

Debatte um den Bierpinsel: Café, Kapselhotel, Co-Working-Space oder Kulturstandort

Veröffentlicht am 01.02.2018 von Boris Buchholz

„Wir werden die Nutzung alle nicht erleben“, rief ein sichtlicher erregter Bürger gegen Ende der Diskussion in den Veranstaltungsraum der Ingeborg-Drewitz-Bibliothek. So pessimistisch bin ich nicht; dreißig Jahre gebe ich mir noch (mindestens). Und Axel Bering, der Geschäftsführer der Schlossturm GmbH, führte aus, dass er mit einer Planungs-, Antrags- und Bauzeit von dreieinhalb Jahren rechne. Ende 2021 könnte der Bierpinsel für die Öffentlichkeit wieder zugänglich sein.

Ein Café wird kommen. Beim „Runden Tisch Steglitz-Mitte“, der am Abend des 25. Januar auf Einladung des DRK Südwest tagte, stand eine Frage im Mittelpunkt der Debatte: Wie wird der Turm zukünftig genutzt werden? Bierpinsel-Geschäftsführer Bering führte aus, dass eine der Etagen ein Café oder Restaurant beherbergen sollte. Das sei allein schon deshalb notwendig, weil sowohl Bebauungsplan als auch Erbbaurechtsvertrag eine Nutzung mit „Restauration“ vorsähen. Doch könne das nicht für das ganze Gebäude gelten: „Das ganze Objekt als Gastronomie ist mir zu risikoreich“, sagte Bering, das rechne sich nicht. In dieser Richtung habe er auch im Dezember mit Immobilienstadträtin Maren Schellenberg und dem Stadtplanungsamt verhandelt; ihm sei signalisiert worden, dass eine vertragliche Lockerung in Sachen Nutzung möglich sei. „Seitdem warten wir auf ein Konzept“, wirft Petra Margraf, die Referentin der Stadträtin ein. Erst wenn das vorliege, könne man über Änderungen im Vertrag sprechen. Eines sei aber für das Bezirksamt klar: Wohnungen dürften im Turm nicht entstehen.

Temporärer Wohnraum aber vielleicht schon: Axel Bering stellt den Bürgerinnen und Bürgern seine Pläne vor, entweder ein Kapselhotel (das ist eine Herberge mit sehr kleinen Schlafräumen; es wäre Berlins erstes Kapselhotel) oder einen Co-Working-Space (also kurzfristig mietbare Büroräume, er nennt es „Office to go“) im Bierpinsel einzurichten. Dabei kommt es ihm zugute, dass modernere Haus-Technik nicht mehr wie bisher das gesamte vierte Turm-Stockwerk in Beschlag nehmen wird. Auf vier Etagen stünden etwa 1200 Quadratmeter Nutzfläche zur Verfügung; eine Etage wäre für das Café reserviert, die anderen drei könnten Hotel oder Büroräume werden. Er rechnet mit Umbau- und Investitionskosten in Höhe von 2,5 Millionen Euro. Bering: „Wir sind der Überzeugung, dass wir das wirtschaftlich gerechnet bekommen werden.“

Viele Bürger, die sich zu Wort melden, sind sich da nicht so sicher. Zu lange schon – seit 2006 mit einem Zwischenspiel 2010 – steht der Bierpinsel leer, der Zugangsbereich auf der Schloßstraße verludert. Seit zwölf Jahren ist der Turm im Besitz der Schloßturm GmbH, die Inhaberin Tita Laternser, hat seitdem kein tragfähiges Konzept entwickelt. Stephani Bahlecke und Christiane Burger vom Verein Kunst.Raum.Steglitz regen eine kulturelle Nutzung an, das würde die Schloßstraße beleben und für Kunstliebhaber und Künstler im Bezirk einen wichtigen Treffpunkt schaffen. „Ich bin für Gespräche offen“, erwiderte Bering. Aber es müsse sich rechnen. Und es sei ihm nicht bekannt, dass „der Bezirk Flächen für kulturelle Nutzungen anmieten möchte“.

Die größten Hemmschuhe für die Wiederinbetreibnahme des Bierpinsels sieht Axel Bering – vom erst noch zu entwickelnden Konzept und den Vertragsverhandlungen mit dem Bezirk abgesehen – bei den Brandschutzauflagen und beim Denkmalschutz. Gerne würde er auf dem Dach eine Sky-Bar einrichten; doch ob dieser Wunsch genehmigungsfähig ist, weiß er nicht. Klar ist für die bezirklichen Denkmalschützer (und der Bierpinsel ist ein Denkmal), dass die Fassade wieder rot werden müsse. „Sie wünschen sich blutorange“, ergänzt Petra Margraf.

Boris Buchholz