Namen & Neues

Geplante Flüchtlingsunterkunft Am Beelitzhof: Anwohner machen konkrete Vorschläge für das Quartier

Veröffentlicht am 22.03.2018 von Boris Buchholz

Der Eine hat schon einen Gerichtsgroschen zurückgeleget, die Andere wolle einfach besser informiert werden, die Dritte mache sich um die Integration der zukünftigen Nachbarn Sorgen, die Infrastruktur in Nikolassee sei zu wenig ausgebaut: „Wir müssen uns um diese Menschen kümmern, wir müssen sie integrieren.“ Die Hälfte der Anwesenden applaudierten. Als am Sonnabend Anwohnerinnen und Anwohner in der „Spinnerbrücke“ über die geplante Flüchtlingsunterkunft in der Straße Am Beelitzhof diskutierten, war der Biker-Treff über der AVUS überfüllt; wer weiter hinten stand, verstand kaum ein Wort. Bezirkspolitiker von Linken, SPD, Grüne und CDU waren anwesend. (Sollte ich eine Partei vergessen haben: Es war so voll, dass ich ich nicht wage zu behaupten, den kompletten Überblick gehabt zu haben.) Viele der Diskutanten brachte die „Art und Weise“ wie hier vom Senat geplant und informiert werde, auf die Palme. Wenn Wohnbauten für zig Jahrzehnte entstehen sollen, dann sei das „ganz normaler Wohnungsbau“, meinte ein Bürger. Und dann sollte man auch die normalen Planungsschritte inklusive Bürgerbeteiligung umsetzen. Meinen ausführlichen Erlebnisbericht lesen Sie online auf tagesspiegel.de.

Am Montag erreichte mich ein Brief der „Anwohnerschaft der Münchow-, Borussen- und Paul-Krause-Str.“, adressiert ist er an den Regierenden Bürgermeister und an alle Fraktionen in der Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf mit Ausnahme der AfD. In dem Brief bemängeln die 19 Unterzeichner, dass „offenbar keinerlei Planungen dafür existieren, wie die Integration in einem Quartier von bislang maximal 180 Menschen konkret gelingen kann“ (in der geplanten Unterkunft sollen 480 Menschen leben). Auch habe man nicht das Gefühl, „dass unsere Meinungen und Vorstellungen wirklich gefragt wären“. Die Autoren hätten bei der Bürgerversammlung zwar auch wahrgenommen, dass einige Anwohner die Unterkunft generell ablehnen würden. Doch eine große Gruppe würde „der Integration geflüchteter Menschen sehr aufgeschlossen gegenüber“ stehen, allein die Größe der Unterkunft sei „inakzeptabel“.

Die Anwohner werden konkret: Warum würden nicht „normale Wohnungen“ für die Flüchtlinge gebaut oder wenigstens „kleinere Einheiten“ geplant? „Große, lagerähnliche Unterkünfte“ würden Ghettos produzieren und Integration behindern. Die Unterzeichner machen neun praktische Vorschläge, wie der Kiez entwickelt werden sollte: Es müsse ein Spielplatz für alle Kinder im Quartier geschaffen werden, die Schulen und Kitas in der Umgebung müssten Kapazitäten ausbauen, ein Café als Ort der Begegnung würde der gesamten Nachbarschaft gut tun. Wenn dauerhaft auf dem Gelände Am Beelitzhof gewohnt werden solle (Geflüchtete, Studierende, Familien), dann müsse entlang der AVUS „zwingend“ eine Lärmschutzwand gebaut werden. Außerdem sei ein barrierefreier Zugang zum S-Bahnhof Nikolassee notwendig, die miese Straßenbeleuchtung müsse verbessert werden, der Bus 112 sollte „endlich wieder im 10-Minuten-Takt“ fahren (die S-Bahn bis Wannsee in den Randstunden ebenso). Und der Radweg „von der Borussenstraße bis zur Spanischen Allee“ solle auf der Straße verlängert werden. Die letzte Forderung: Von Anfang an sollte in der neuen Unterkunft auch Wohnraum „für Studierende und andere Bevölkerungsgruppen“ angeboten werden. „Dies wäre der Integration der geflüchteten Menschen mehr als förderlich“, schreiben die Bürgerinnen und Bürger aus Nikolassee.

Wissen Sie was? Das sind alles sehr vernünftige Ideen, da wird nicht gemeckert, sondern konstruktiv mitgedacht. Da machen Bürger Quartiersplanung. Wenn Anwohner nicht nur die Probleme, sondern auch die Chancen sehen, die sich durch eine neue Unterkunft ergeben, ziehe ich meinen Hut (eigentlich zücke ich meinen Stift). Mehr Straßenbeleuchtung, weniger Autobahnlärm, bessere Anbindung mit Bus und Bahn, barrierefreie Zugänge, ein Spielplatz, ein Café – alle könnten profitieren. Ich bin gespannt, wie Landes- und Bezirkspolitik diese Vorschläge aufnehmen. Und ich drücke meine beiden Daumen, dass diese konstruktiv-kritische Begleitung des Bauvorhabens Am Beelitzhof durchgehalten wird. Bei der Versammlung im Biker-Treff kursierte auch eine Unterschriftenliste mit der Überschrift „Ablehnung der Unterkunft“, viele unterschrieben.