Namen & Neues
Hilde Benjamin: Stadtrat Michael Karnetzki wegen Broschüre "Starke Frauen" gemissbilligt
Veröffentlicht am 21.06.2018 von Boris Buchholz
„Ich übernehme die Verantwortung für gemachte Fehler“. Stadtrat Michael Karnetzki (SPD) versteckte sich nicht, distanzierte sich von der Person Hilde Benjamin (sie war die ehemalige Justizministerin der DDR; ich berichtete bereits vor vier Wochen), fand klare Worte. In der BVV ging es ein zweites Mal um die Broschüre „Starke Frauen in Steglitz-Zehlendorf 1945-1990“ in der 23 Frauen, darunter die „blutige Hilde“ vorgestellt wurden. Herausgeber des Heftes ist nicht das Bezirksamt, sondern der Verein YOPIC, der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen für das Jobcenter organisiert. „Es gibt nichts, für das ich mich hier schämen müsste“, erklärte Karnetzki. Er stehe zu seinem Vorwort, und ja, er habe die fertige Broschüre gekannt, bevor er es geschrieben habe.
Der ersten beiden Sätze des Vorworts lauten: „Die vorliegende Broschüre enthält 23 Biografien von beeindruckenden Frauen. Am meisten begeistert dabei die Vielfalt der Persönlichkeiten.“ Damit werde auch Hilde Benjamin gewürdigt, hielt Clemens Escher von der CDU Karnetzki vor. „Es ist immer noch ein Skandal.“ Deshalb halte die CDU-Fraktion ihren Antrag auf Missbilligung Karnetzkis aufrecht. Zuvor hatte AfD-Mann Volker Graffstädt erklärt: Wenn Karnetzki die Broschüre gekannt hat, „dann hätten Sie das Vorwort eben verweigern müssen“. Karnetzki räumt ein, dass er im Nachhinein genau das hätte tun oder eine Textänderung beim Benjamin-Beitrag hätte erwirken sollen. Hat er aber nicht. Hans Jörg Henning von den Grünen sagte: Das sei „ein Fehler eines Stadtrats, nicht mehr und nicht weniger“, er würde eine Missbilligung Karnetzkis nicht mittragen.
In der letzten Stunde vor Mitternacht stimmten CDU und AfD für den Missbilligungsantrag, SPD und Linke stimmten dagegen, FDP und Grüne enthielten sich. Der Antrag auf Missbilligung war angenommen.
Ein Kuriosum am Rande: Hans-Walter Krause (Linke) hat in der Ingeborg-Drewitz-Bibliothek ein Buch von 1990 ausfindig gemacht. Titel: „Steglitz – Frauen setzen Zeichen“, herausgegeben vom Bezirksamt (anders als im aktuellen Broschüren-Fall). Das begeisterte Grußwort stammt von CDU-Bürgermeister Klaus Dieter Friedrich. Gewürdigt wurde unter anderem – Hilde Benjamin. Zitat aus dem Text zu Benjamin: „Seit Beginn ihrer politischen Laufbahn befasste Hilde Benjamin sich mit dem Thema Emanzipation und machte ihren Einfluss geltend, wenn es darum ging, den Gleichberechtigungsgrundsatz sowohl juristisch zu verankern, als ihn auch im Alltage umzusetzen.“ Na, Kritik stelle ich mir anders vor.