Namen & Neues
Salto rückwärts: Geistervilla in der Schmarjestraße 14 soll jetzt doch verkauft werden
Veröffentlicht am 28.06.2018 von Boris Buchholz
Am 15. März dieses Jahres konnten Sie im Newsletter diesen Satz lesen: „Ein Verkauf – natürlich habe ich nachgefragt – sei ausgeschlossen.“ Ich habe diesen Satz geschrieben, die inhaltliche Aussage hatte Jugendstadträtin Carolina Böhm (SPD) getroffen. Sie hatte vor, die 113 Jahre alte Villa in der Schmarjestraße 14, seit 2012 steht sie leer und verfällt, der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung zu überlassen: Ein Projekt für schutzbedürftige Frauen und Kinder sollte entstehen. Drei und ein bisschen Monate später muss ich schreiben: „Wir wollen das Grundstück jetzt verkaufen.“ Gesagt hat das Bezirksbürgermeisterin Cerstin Richter-Kotowoski (CDU). Mit drei (CDU und Grüne) zu zwei (SPD) Stimmen hat das Bezirksamt letzte Woche entschieden, den Plänen der SPD-Jugendstadträtin nicht zu folgen.
„Die Variante von Frau Böhm hat uns nicht überzeugt“, erklärte die Bezirksbürgermeisterin. Als Gründe für die Richtungsänderung nennt sie, dass das Grundstück unentgeltlich an die Senatsverwaltung gegangen wäre, dass die Villa nur für Wohnzwecke nutzbar sei und dass ein zweiter Rettungsweg fehlen würde. Der Verkaufserlös solle an „unsere Stiftungen, die fast ausschließlich im sozialen, jugendlichen Bereich aktiv sind“ gehen. „Alle anderen Varianten waren uns zu unsicher und würden nur weitere Schwierigkeiten mit dem Haus hervorrufen.“ Das Gebäude sei in keinem guten Zustand. Trotzdem hofft sie aufgrund der Größe und der Lage des Grundstücks im Herzen Zehlendorfs auf einen guten Verkaufspreis. Allerdings würde das Bezirk von dem Verkauf nur zu einem Viertel profitieren. Bei Verkäufen durch die Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) fließen nur 25 Prozent der Verkaufssumme an den Bezirk. Cerstin Richter-Kotowski: „25 Prozent sind mehr, als es unentgeltlich an den Senat abzugeben und nicht zu wissen, was dann anschließend passiert.“
Jugendstadträtin Carolina Böhm ist enttäuscht: „Ich bedauere die Entscheidung, ich habe mich für einen anderen Weg eingesetzt und auch lange an einer Lösung gearbeitet.“ Den Verkaufs-Weg hätte der Bezirk schon vor Jahren gehen können. Es gebe in Berlin einen „hohen Bedarf an Schutzplätzen für Frauen und Kinder, das Interesse der Senatsverwaltung war sehr hoch“, sagte Böhm. Aus ihrer Sicht geht es bei dem schwarz-grünen Mehrheitsbeschluss im Bezirksamt vor allem „um einen Verkaufserlös“. Sie müsse noch prüfen lassen, „ob gegebenfalls der Jugendhilfeausschuss einbezogen werden muss“. Laut Sozialgesetzbuch VIII, §71, soll der Ausschuss „vor jeder Beschlussfassung der Vertretungskörperschaft in Fragen der Jugendhilfe … gehört werden“. Im Gesetz zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes findet sich im §35 der Passus: „Der Jugendhilfeausschuss beschließt im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel des Geschäftsbereichs Jugend … über die Angelegenheiten der Jugendhilfe.“ Bisher stand der Verkauf der Schmarjestraße 14, das Grundstück befindet sich im Fachvermögen des Jugendamts, nicht auf der Tagesordnung des Jugendhilfeausschusses.
Der Umgang mit der Immobilie ist delikat: Das Ehepaar Mehnert hatte dem Bezirk die Villa mit der Auflage vermacht, es für soziale und kulturelle Zwecke zu nutzen. „Am liebsten für alternde Musiker“, schrieb meine Newsletter-Vorgängerin