Namen & Neues
Postkutsche statt Star Trek: Das Hauptquartier der VHS ist offline
Veröffentlicht am 23.08.2018 von Boris Buchholz
Die Volkshochschule Steglitz-Zehlendorf setzt digitale Zeichen: Seminare zur Digitalisierung, Webinare, Onlinephasen und Lerninhalte im Internet werden angeboten. Bildungsstradtrat Frank Mückisch (CDU) lädt in seinem Grußwort zum frisch erschienenen Jahresprogramm 2018/2019 der Victor-Gollancz-Volkshochschule unter anderem zu einer Veranstaltung zum Thema „Virtual Reality“ ein: Die Teilnehmer könnten „sich wie im Star-Trek-Zeitalter“ fühlen. Sinnvollerweise findet der virtuelle Ausflug in der VR-Lounge in Potsdam statt – denn das frisch sanierte VHS-Hauptquartier in der Lichterfelder Goethestraße 9-11 ist offline. Bei den Sanierungsarbeiten wurden die bestehenden Datenleitungen aus den Wänden gerissen, neue wurden nicht verlegt.
„Für die Baufirmen war die Lichtwellenleitung im Erdgeschoss nicht ohne weiteres als solche zu erkennen und von anderen Leitungen zu unterscheiden“, versucht Bezirksbürgermeisterin Cerstin Richter-Kotowski (CDU) in Vertretung von Baustadträtin Maren Schellenberg (Grüne), sie ist im Urlaub, zu erklären. Das berlineigene IT-Dienstleistungszentrum Berlin (ITDZ), ihm gehört die Datenleitung, habe die Kabel nur im Keller markiert. Der „Rückbau“ sei passiert „als die Baufirma auf sich gestellt war“, „da die Bauleitung nicht rund um die Uhr vor Ort sein kann“. Das ITDZ wurde vom Bezirksamt „mit einer Erkundung und Neuverlegung der Lichtwellenleitung beauftragt“, am 29. und 30. August sollen die neuen Datenstränge eingebaut werden. In der ersten Septemberwoche würden dann die Computer-Experten des Bezirks die „restlichen Installationen“ durchführen. „Aller Voraussicht nach“ könnten die VHS-Mitarbeiter ab dem 10. September in das sanierte Haus zurückziehen.
Ohne Netzwerkanbindung könnten die Mitarbeiter der VHS im sanierten Haus kaum arbeiten. Nicht nur für Planung, Organisation und Kommunikation mit Dozenten und Schülern müssen Daten ausgetauscht werden; auch zwischen den Verwaltungen herrscht reger digitaler Verkehr. Um den digitalen Black-Out in der Goethestraße zu umgehen, weist die Bezirksbürgermeisterin auf Beratungen vor Ort, das Telefon und die interne wie externe Post hin. Postkutsche statt Star Trek.
Das ITDZ hat dem Bezirksamt inzwischen untersagt, „in irgendeiner Form Arbeiten an der Lichtwellenleitung“ vorzunehmen. Richter-Kotowski bezeichnet die Zusammenarbeit mit dem IT-Betrieb des Landes als „sehr konstruktiv“. Beunruhigenderweise teilt die Bezirksbürgermeisterin mit: „Da Steglitz-Zehlendorf nicht der einzige Bezirk mit einem solchen Vorfall war, gab es hier schon Erfahrung.“ Zur Zeit beschäftigen sich Juristen mit den herausgerissenen Datenleitungen und der Frage, wer an dem Netzwerk-GAU Schuld ist. Gegebenenfalls würden Schadenersatzforderungen erhoben – „sofern nicht das Bezirksamt selbst einen Teil der Verantwortung trägt“.
Captain Kirk konnte stets auf Scotty im Maschinenraum zählen. Ich hoffe sehr, dass das Star-Trek-Universum nicht davon aufgehalten wurde, dass das Hochbauamt nur noch einen einzigen Elektroingenieur beschäftigt (ich hatte im Juni darüber berichtet). Wenn das so wäre, dann wäre diese VHS-Geschichte nur ein Vorbote von dem, was auf die Bürger (und Steuerzahler) in den nächsten Monaten noch für Schauergeschichten zukommen könnten.
Zum Vormerken: Am 8. September feiert die Volkshochschule in der Goethestraße ab 11 Uhr ein Fest zur Wiedereröffnung des sanierten Gebäudes – vielleicht ist es bis dahin wieder online.