Namen & Neues
Nicht geeinigt: Veranstaltung zum Müll-Problem in der Waldsiedlung endet ohne Lösung
Veröffentlicht am 18.10.2018 von Boris Buchholz
Es war ein unbefriedigender Abend. Als am Donnerstag, 11. Oktober, die letzten Bewohner der Zehlendorfer Waldsiedlung das Gemeindehaus der Ernst-Moritz-Arndt-Gemeinde verließen, wurde allgemein Trübsal geblasen. Die Debatte zwischen Bewohnern, Veranwortlichen der Stadtreinigung und des bezirklichen Denkmalschutzes hatte den Müllstreit in der denkmalgeschützten Siedlung keinen Schritt weiter gebracht. Eine einvernehmliche Lösung ist nicht in Sicht. Das Hauptproblem scheint darin zu bestehen, dass beim Bau der Siedlung Ende der 1920er Jahre die Arbeitnehmerschutzgesetze des Jahres 2018 schlicht nicht beachtet worden sind.
Während der Diskussion – oder war es eher ein Schlagabtausch? – hatten die Vertreter der BSR darauf verwiesen, dass die Wirtschaftswege hinter den Häusern der etwa 90 Jahre alte Siedlung von der Müllwerkern weiterhin nicht benutzt werden würden (die Mülltonnen stehen an der Hintertür, die BSR hatte den Bewohnern im Laufe des Jahres die Abholung hinter dem Haus, den sogenannten Komforttarif, gekündigt). Ingo Leh, er ist bei der BSR als Fachkraft für Arbeitssicherheit beschäftigt, argumentiert, dass die Wege „nicht trittsicher“ seien, dass die Mitarbeiter „stolpern und stürzen“ könnten, dass die Beleuchtung fehle – und dass schlicht die Wege für die Mitarbeiter zu weit seien. „Unsere Mitarbeiter laufen am Tag im Schnitt 18 Kilometer“, erklärte er. Der Leiter des BSR-Betriebshofs Forckenbeckstraße, Ralf Ränker, ergänzte, dass er die Pflicht habe, seine Mitarbeiter zu schützen, „weil die noch bis 67 Müll holen müssen“. Deshalb gäbe es aus BSR-Sicht keine andere Wahl: „Lieber Mitbürger, du musst alle 14 Tage deine Tonne nach vorne bringen.“
Doch das ist ein Problem. Anwohner Volker Heinrich rechnete in seiner Rede nach: „Zum Entleerungstag würden dann am jeweiligen Ende des Wirtschaftswegs etwa zwanzig Tonnen stehen.“ Der Bürgersteig wäre zugestellt, kein Schulkind, kein Fußgänger, kein Kinderwagen oder Rollstuhl könne ihn dann mehr passieren. Zudem gelte: Wenn Anwohner ihre Mülltonnen selber an den Straßenrand rollen, haften sie auch für eventuelle Unfälle und Schäden; darauf hatte die BSR in einem Schreiben ihre Kunden im Vorfeld hingewiesen. Vor den Häusern könnten die Mülltonnen auch nicht untergebracht werden, der Denkmalschutz verbiete es.
Anwohnerin Helga Ostendorf meldete sich zu Wort: „Ich mache neue Erfahrungen mit meinen 70 Jahren: Ich rolle Mülltonnen.“ Und zwar die von ihren Nachbarn gleich mit, die müssten so viel arbeiten. Ein anderer Siedlungsbewohner schaute besorgt in die Zukunft, schließlich würde „die Anzahl der Tonnen im nächsten Jahr zunehmen“. Papiertonne, Wertstofftonne, Biotonne – wo sollten die alle hin? „Ich denke, dass es eine andere Lösung geben muss als zu sagen, der Weg ist zu weit“, ergänzte ein weiterer Diskutant. Christian Küttner, auch er wohnt in der Siedlung, versuchte sich an einer Alternative: „Wären Unterflursysteme eine Lösung?“ Bei einem solchen System würde der Müll an zentralen Stellen unterirdisch gesammelt werden; die einzelnen Bewohner bräuchten keine Mülltonnen mehr. „Wenn Sie eine umsetzbare Lösung haben, nehmen Sie mit uns Kontakt auf“, erwiderte BSR-Mann Leh.
Und das war ein Grund dafür, dass die Stimmung in den Gemeindekeller sank. Von einem Versuch seitens der BSR auf die Anwohner zuzugehen war weit und breit nichts zu spüren. Laut der BSR-Vertreter sei bereits im Vorfeld der Diskussion klar gewesen, „wir haben keinen gemeinsamen Einigungsraum“. Am zuversichtlichsten klang seitens des Podiums noch Jörg Rüter, der Leiter der Unteren Denkmalschutzbehörde. Er sagte, dass beim Konflikt Arbeitsschutz versus Denkmalschutz „vielleicht eine politische Entscheidung“ notwendig wäre. Schließlich sei die Lösung der Frage, wer die Tonnen bewege „keine denkmalpflegerische Aufgabe“.