Namen & Neues
In Sachen Carsharing tote Hose: DriveNow hängt den Westen Zehlendorfs ab
Veröffentlicht am 22.11.2018 von Boris Buchholz
Letzte Woche staunten Tanja und René Beckmann nicht schlecht: Am Mittwoch hätten sie ihr DriveNow-Fahrzeug noch vor dem Haus abstellen können, einen Tag später war das nicht mehr möglich. Die CarSharing-Firma hat am Donnerstag, 15. November, das Geschäftsgebiet in Berlin verkleinert – und ab der Clayallee den Westen Zehlendorfs von seinem Netz abgehängt. „Der S-Bahnhof Mexikoplatz und der U-Bahnhof Krumme Lanke gehören nun nicht mehr dazu“, schrieb mir Leserin Tanja Beckmann. Weiter steht in der E-Mail: „Mein Mann hat letzten Donnerstag eine E-Mail mit der Info bekommen und drei Stunden später war die Verkleinerung bereits erfolgt. Ich habe als Kundin von DriveNow bis heute keine E-Mail mit der Info erhalten.“
DriveNow-Pressesprecher Niklas Merk erklärt die Verkleinerung des Geschäftsgebiets so: „Wir haben am Rand des Geschäftsgebiets vergleichsweise lange Standzeiten unserer Autos festgestellt.“ Viele Fahrten seien zwar nach Zehlendorf getätigt worden, doch zurück in die Innenstadt sei nicht gefahren worden. Tanja Beckmann hat das anders beobachtet: „Die Autos standen bei uns nie länger als ein paar Stunden und wurden vor allem für die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr genutzt“, berichtet sie. Die Verkleinerung des Geschäftsgebiets sei „überhaupt nicht nachvollziehbar“.
Sprecher Merk widerspricht: Sein Unternehmen hätte die Standzeiten über einen längeren Zeitraum ausgewertet; viele Fahrzeuge hätten wegen ihrer langen Verweildauer im Südwesten von DriveNow wieder in die Innenstadt gefahren werden müssen. Die Beoachtung der Leserin erklärt er damit, „dass die Kunden Transferteams gesehen haben, die ein Fahrzeug aus diesem Gebiet gefahren haben“. Die „Verkürzung des Geschäftsgebiets in Zehlendorf“ sei DriveNow „am Ende des Tages sehr schwer gefallen“, das habe es in Zehlendorf „noch nie“ gegeben.
Informiert worden seien nur die Kunden, „die in den letzten zwei Monaten vor der Verkleinerung eine Fahrt nach oder von Zehlendorf aus getätigt haben“, erläutert der Firmensprecher. Natürlich sei es möglich, räumt er ein, „dass wir im alten Geschäftsgebiet Kunden verlieren“. Im Gegenzug würden aber mehr Fahrzeuge „in den relevanten Hotspots“ in der Innenstadt zur Verfügung stehen. Außerdem sei das Geschäftsgebiet von DriveNow immer noch das größte aller free-floating Carsharing-Anbieter in Berlin.
Zugegeben, da hat er recht. Zum Beispiel müssen Zehlendorfer, die mit dem Unternehmen Car2Go unterwegs sind, für ihr Auto schon an der Drakestraße einen Parkplatz suchen (und nicht erst wie bei DriveNow an der Clayallee). Doch zeigt sich: Das Konzept der frei abstellbaren Leihautos (free-floating Carsharing) scheint für die Außenbezirke nicht tragfähig. Dass, was jetzt die Carsharing-Nutzer von Schlachtenssee, Nikolassee, Düppel und Teilen Zehlendorf-Mittes erleben, kennen viele Lankwitzer, Lichterfelder und Wansseer schon seit langem: Bei ihnen ist in Sachen Carsharing tote Hose. Und auch bei Anbietern, die mit festen Stationen arbeiten, ist die Versorgung kaum besser: Am Rathaus Zehlendorf steht ein Auto von Greenwheels, an der Wasgenstraße in der Nähe des Studentendorfes stehen zwei. Lankwitz und Lichterfelde? Fehlanzeige. Die ersten Greenwheel-Autos in Steglitz stehen am Rathaus und in der Bismarckstraße.
Für Carsharing in den Außenbezirken und im Speckgürtel rund um Berlin müssten neue Konzepte her. Die 2.974 Carsharing-Autos in Berlin (so viele gab es laut Städte-Ranking des Bundesverbands CarSharing Ende 2017) stehen hauptsächlich im inneren S-Bahnring zur Verfügung. Übrigens: Wenn man die absolute Anzahl der Fahrzeuge betrachtet, ist Berlin Carsharing-Spitzenreiter aller deutschen Städte. Im Vergleich zur Einwohnerzahl stand die Hauptstadt 2017 allerdings nur auf Rang 12 – und Darmstadt setzt zum Überholen an.