Namen & Neues
Angst vor Verkehr und Konkurrenz: Erregte Debatte bei Bürgerveranstaltung zur geplanten evangelischen Schule
Veröffentlicht am 06.12.2018 von Boris Buchholz
Die Reaktionen auf die Kirchenpläne würden von „na, endlich“ bis „geht ja gar nicht reichen“, so stimmte Johannes Krug, der Superintendet des Evangelischen Kirchenkreises Teltow-Zehlendorf, am Abend des 29. Novembers die versammelten Bürgerinnen und Bürger ein. Der Kirchenkreis und die Evangelische Schulstiftung hatten zur Informationsveranstaltung geladen, die geplante kirchliche zweizügige Grundschule in der Ludwigsfelder Straße 30 war das Thema. Etwa sechzig Interessierte waren in die Kirche zur Heimat gekommen.
Der Superintendent sollte recht behalten. Nachdem sowohl die Evangelische Schulstiftung als Träger als auch das Konzept der Schule präsentiert waren, ging es ans Zweigemachte: Die neue Schule sei eine schädliche Konkurrenz zur bestehenden Grundschule am Buschgraben auf der anderen Straßenseite und zu viel zusätzlicher Verkehr würde entstehen, das waren die beiden Hauptargumente gegen die Grundschule der Kirche. „Ich gehöre zur Das-geht-ja-gar-nicht-Fraktion“, begann Lars Halter, Elternvertreter an der Grundschule am Buschgraben, sein Statement. An diesem Standort bestehe kein Bedarf für eine neue Schule, argumentierte er, die „neue Schule gefährdet die bestehende“. Schulpolitik solle nicht davon bestimmt werden, wo man gerade ein Grundstück zur Verfügung habe.
„Der Kirchenkreis Teltow-Zehlendorf ist größer als der politische Bezirk“, entgegnete Johannes Krug. Für die 50.000 Christen im Kirchenkreis gäbe es zur Zeit nur eine evangelische Grundschule in Kleinmachnow. Aber 500 Kinder würden alleine in Zehlendorf evangelische Kitas besuchen. Er höre oft die Sorge der Kita-Eltern, dass es kein erreichbares Schulangebot der Kirche gäbe. Der Bedarf sei da, das Gebiet, aus dem die Schülerinnen und Schüler stammen würden, sei sehr groß und werde über die direkte Umgebung hinausreichen. Diese Annahme bestätigte Christina Lier von der Schulstiftung mit Erfahrungen aus der Praxis: Probleme, ihre zwölf Grundschulen in Berlin zu füllen, habe die Stiftung nicht.
Es waren Sorgen, die die erregte Diskussion befeuerten: Schon jetzt hat die Grundschule am Buschgraben mit niedrigen Anmeldezahlen zu kämpfen (nur 26 Kinder besuchen im aktuellen Schuljahr die beiden ersten Klassen, für das Schuljahr 2019/20 sind 32 Kinder angemeldet; ich berichtete Mitte November). Wie sollen Eltern und Kinder vom Schulbesuch überzeugt werden, wenn nebenan eine – mit den Schwerpunkten Theater, Medien und Ökologie vermutlich attraktive – Schule in freier Trägerschaft eröffne? Wenn es schon jetzt Herausforderungen für die Grundschule am Buschgraben gäbe, „dann gibt es sie unabhängig von unseren Überlegungen“, sagte Superintendent Krug. Er hat recht, und doch: Wenn eine ungute Situation schon vorhanden ist, könnte ein neues Schulangebot die Krise vertiefen – oder die Schulgemeinschaft am Buschgraben zum Handeln anstacheln.
Man könne doch zusammenarbeiten, schlug Yvonne Barckhausen, die designierte Leiterin der kirchlichen Grundschule, vor. Ihre Kollegin Borika van Dorp, sie ist die Direktorin der Grundschule am Buschgraben, sieht die evangelische Grundschule kritisch – und als Konkurrentin. In der Versammlung sagte sie, dass sie sich eine Kooperation mit der neuen Schule „noch nicht so vorstellen könne“. Im Schulamt gibt es Überlegungen, die Grundschule am Buschgraben zu stärken: durch einen eigenen Einzugsbereich, den sie bisher nicht hat.
Am Ende des Abends verließen viele Besucherinnen und Besucher die Kirche mit skeptischen Mienen. Ein älterer Herr sorgte sich, „dass unsere Grundschule, auf die meine drei Kinder gegangen sind, irgendwann eingestampft wird“. „Ich finde es toll, dass Sie eine Schule gründen wollen, aber nicht bei uns“, hatte eine Buschgraben-Mutter gesagt. Und weiter: „Wenn Ihre Schule kommt, dann gibt es hier ein Verkehrschaos.“ Ein Anwohner gab zu bedenken, dass der Durchgangs- und Bringe-Verkehr in die anliegenden Wohnstraßen schwappen würde. Diese Kritik konnten die Veranstalter nicht ausräumen; man sei noch am Anfang der Planungen und sei Konzepten wie Elternhaltestellen und Lotsendiensten offen gegenüber, hieß es.
Allerdings gab es auch sehr positive Stimmen. Diverse Eltern meldeten sich zu Wort und bekundeten das Interesse, ihre Kinder auf die evangelische Schule schicken zu wollen. 2020 soll der Schulbetrieb an einem Übergangsstandort losgehen; ein neues Schulgebäude könnte bis 2023 am Buschgraben entstanden sein. „Wir sind dabei, in das Genehmigungsverfahren einzutreten“, hatte Superintendent Krug erklärt – wohlgemerkt für die Schule, nicht für das neuzubauende Schulgebäude. Hauptansprechpartner ist bei der Zulassung neuer Schulen die Senatsschulverwaltung – der Bezirk habe auf dieses Verfahren keinen nennenswerten Einfluss, hieß es höchst inoffiziell aus dem Schulamt.