Namen & Neues

Die Anna-Essinger-Gemeinschaftsschule soll an den Osteweg - wenn die Unterbringung von Flüchtlingen geklärt ist

Veröffentlicht am 24.01.2019 von Boris Buchholz

Er war der Star des Abends: Ohne Bildungsstaatssekretär Mark Rackles (SPD) hätte die „Bürgerveranstaltung zum Grundstück Osteweg 53/63“, das Bezirksamt hatte am Mittwochabend in die Mavuno-Kirche vor Ort gebeten, sehr einseitig verlaufen können. „Ich bin nicht eingeladen worden“, sagte der Staatssekretär zur Eröffnung, er sei trotzdem „als Bürger“ gekommen. Eingeladen hatte die Bezirksbürgermeisterin Cerstin Richter-Kotowski (CDU) stattdessen Finanzsenator Matthias Kollatz; allerdings ohne den Termin mit ihm abgesprochen zu haben, so Rackles. Der Senator war verhindert.

Die Anliegen des Bezirksamts für den Abend wurden schnell klar – für das Projekt, am Osteweg eine Schule mit Turnhalle zu bauen, sollte in der Bürgerschaft geworben und zugleich der Druck auf den Senat erhöht werden, dieses Anliegen zu ermöglichen. Denn die fortgeschrittenen Pläne der Landesregierung sehen vor, auf dem Grundstück Osteweg 63 eine Unterkunft für etwas über 200 geflüchtete Menschen zu errichten. Für das Bezirksamt wären die Schulpläne jedoch „gestorben“, wenn das Grundstück nicht für eine große Turnhalle zur Verfügung stehe. Schon vor zehn Jahren habe der Bezirk geplant, in die denkmalgeschützten ehemaligen Telefunken-Gebäude am Osteweg eine Schule einziehen zu lassen, erläuterte Bürgermeisterin Richter-Kotowski. Sie zeigte Bilder der damaligen Planung, die 2011 gestoppt wurde, weil das Projekt finanziell aus dem Ruder lief.

Richter-Kotowski stellte auch die neuesten Ideen vor: Das Bezirksamt strebt aktuell an, am Osteweg für die bisher auf zwei weit voneinander entfernte Standorte verteilte Anna-Essinger-Gemeinschaftsschule einen neuen Campus zu errichten. Bisher befindet sich die Grundstufe der Schule in Zehlendorf Am Rohrgarten, die Sekundar- und Oberstufe ist in Steglitz am Tietzenweg untergebracht. Sei die Schule an den Osteweg gezogen, könnten in ihre beiden alten Standorte Schulen temporär ausgelagert werden, deren Gebäude saniert werden müssten. Eine „Schul-Drehscheibe“ könnte entstehen, so die Bürgermeisterin. Dass die denkmalgeschützten Telefunken-Gebäude am Osteweg auch für eine moderne Schule geeignet seien, erläuterte engagiert Bildungsstadtrat Frank Mückisch (CDU). Er ließ eine erste Skizze an die Wand werfen, wie eine neue Schule mit Lern- und Teambereichen in den alten Räumen aussehen könne. Applaus im Publikum.

Mark Rackles freute sich. „Sogar Herr Mückisch ist jetzt Fan der Team- und Clusterschule“, kommentierte er den Vortrag. Zugleich sei er erstaunt: Sein Stand sei bisher gewesen, dass der Bezirk am Osteweg die „Drehscheibe“ für marode Schulen schaffen wollte. Dass jetzt die Anna-Essinger-Gemeinschaftsschule am Osteweg angesiedelt weerden solle, sei ihm neu. „Ich habe eben erst erfahren, dass die Drehscheibe nicht hier sein sollte“, kritisierte Rackles das Amt. Ihm fehlen begründete Planungen des Bezirks, ihm liege kein Konzept vor: „Hier ist nichts geplant, gar nichts“, ermahnte er den Bezirk. Er rede nicht gegen ein solches Schulprojekt, sagte er, „das Land Berlin ist gerne bereit, 100 Millionen Euro in die Hand zu nehmen“. „Aber wir brauchen eine vernünftige Standortplanung“, fügte er hinzu, „da kann man keine Planungen von vor elf Jahren vorlegen – das reicht nicht.“ Er warte auf ein Gesamtkonzept, „schieben Sie uns zwei A4-Blätter rüber“, bat er.

Für seine Bereitschaft, über eine Schule am Ostweg zu reden, wurde Staatssekratär Rackles von Teilen des fast 200-köpfigen Publikums beklatscht. Als er dann darauf hinwies, dass die Schulfrage „erst dann seriös beantwortet werden kann, wenn klar ist, was mit der Flüchtlingsunterbringung ist“, war es wieder still im Kirchenschiff. „Klar ist, dass der Bezirk sich dazu bekennt, für die Flüchtlingsunterkunft einen Ersatzstandort zu finden“, erwiderte Cerstin Richter-Kotowski, „ich habe zwei weitere in der Diskussion“. „Das ist der Schlüsselsatz des Abends“, freute sich Mark Rackles: „Wir sind gar nicht so weit auseinander.“

Das Fazit: Das Kalkül des Bezirksamts, den Senat unter Druck zu setzen, ist an diesem Abend nicht aufgegangen. Stattdessen steht der Bezirk in der Pflicht, ein Konzept für die Anna-Essinger-Gemeinschaftsschule für den Osteweg gemeinsam mit Lehrern, Eltern und Schülern zu entwickeln – und die Drehscheiben-Funktion an den alten Anna-Essinger-Standorten zu planen. Vordringlich – sonst scheint alles andere keinen Sinn zu machen – muss Cerstin Richter-Kotowski aber dem Senat ein akzeptables Ersatzgrundstück für die Flüchtlings-Wohnungen (die Senatsplanungen sind schon sehr weit gediehen) präsentieren. Sie steht im Wort. Mark Rackles allerdings auch: Sollte eine Lösung für die Flüchtlingsunterkunft gefunden sein, muss der Senat die Finanzierung für den Schulstandort Osteweg ohne Murren übernehmen – und bis zu „100 Millionen Euro in die Hand nehmen“. Zur Erinnerung: 2011 sind die Schulplanungen an den Kosten gescheitert; 33 Millionen Euro sollte der Schulbau für die Kopernikus-Schule damals kosten.