Namen & Neues

Es ist ein Neubau: Machbarkeitsstudie zur Zukunft des Rathauses Zehlendorf vorgestellt

Veröffentlicht am 31.01.2019 von Boris Buchholz

Welches Rathäusl hätten Sie denn gern? TV-Showmaster Robert Lembke (für alle jüngeren Leser: In den 1970er Jahren begrüßte er in der Rateshow „Was bin ich?“ seine Gäste regelmäßig mit: „Welches Schweinderl hätten Sie denn gern?“ – er meinte bunte Sparschweine, da kamen Fünf-Mark-Stücke … ach, das führt zu weit) kannte das Rathaus Zehlendorf vielleicht sogar: Er schrieb als Zeitungsjournalist unter anderem beim „Berliner Tageblatt“. Damals wird es neu und beeindruckend gewesen sein, heute ist es mau und marode. Deshalb lautet für die Bezirkspolitik jetzt die Frage: a) sanieren, b) neu bauen oder c) verkaufen und woanders anmieten? Oder ein Mix aus a) und b)?

Das Rathaus-Ensemble am Teltower Damm besteht aus einem Altbau aus den 1920er und vier Anbauten aus den 1960 und 1970er Jahren (Bauteile B bis E). Der Putz bröckelt, im Bauteil E sollten Sie besser kein Wasser aus dem Hahn trinken, die Bauten schlucken Energie, die Aufteilungen der Räume sind, äh, schwierig. Deshalb beauftragte das Bezirksamt im August 2017 das Büro Drees & Sommer mit einer Machbarkeitsstudie, in der die verschiedenen Varianten untersucht werden sollten. Die Planer befragten Amtsleitungen und Beschäftigte, forschten nach absehbaren Entwicklungen und schauten tief in die Baupläne der fünf Bauteile.

Nachdem die Serviceeinheit Facility Management (SE FM) des Bezirksamts die Machbarkeitsstudie noch um eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung ergänzt hatte, informierten Baustadträtin Maren Schellenberg (Grüne) und Angela Hertel, sie ist die Leiterin der SE FM, vor einer Woche die Bezirksverordneten im Ausschuss für Hochbau, Gebäude- und IT-Verwaltung. Hier die Fakten: Der Bauteil A aus den 1920er Jahren steht unter Denkmalschutz, darf und soll nicht abgerissen werden und muss so oder so saniert werden; er bleibt bei den Überlegungen daher außen vor. Ein kompletter Abriss und Neubau der Bauteile B-E würde zwar mit etwa 57 Millionen Euro zu Buche schlagen, während eine Komplettsanierung der bestehenden Häuser „nur“ 35 Millionen Euro kosten würde. Doch stehen den Baukosten die Anzahl der danach zur Verfügung stehenden Arbeitsplätze gegenüber.

Das Bezirksamt bietet derzeit im Rathaus Zehlendorf circa 500 Mitarbeitern einen Arbeitsplatz. Die Ämter wachsen wieder, Raum für neue Mitarbeiter muss geschaffen werden. Die Machbarkeitsstudie geht davon aus, dass im Rathaus Zehlendorf zukünftig 808 Menschen arbeiten können müssen. Während man durch eine Sanierung der bestehenden Bauteile zwar die Anzahl der Schreibtische leicht um 16 erhöhen könnte, könnten bei einem Neubau gleich 313 neue Arbeitsplätze entstehen (mit dem Altbau wäre dann insgesamt Platz für 813 Staats- und Bürgerdiener). Es gilt: Für Verwaltungsangestellte, die nicht im Rathaus unterkommen, müssen anderswo Räume angemietet oder geschaffen werden. Kurz: Bei einem Neubau kämen alle prognostizierten Mitarbeiter unter, bei einer reinen Sanierung müsste für über 300 Beschäftigte extern Miete gezahlt werden.

Deshalb – und unter Berücksichtigung der vermuteten jährlichen Betriebskosten – kommt das Bezirksamt über einen Zeitraum von 30 Jahren gerechnet zu dem Schluss: Die Variante Neubau sei am günstigsten. Das Amt geht bei einem Neubau von Gesamtkosten (Bau- und Betriebskosten für 30 Jahre) von 77 Millionen Euro aus. Würden die Bauteile B bis E saniert werden, beliefe sich der gleiche Posten (inklusive Anmietung externer Räume) auf etwa 88 Millionen Euro. Deutlich teurer wäre es nur noch, das Rathaus komplett aufzugeben und Büroräume für alle Beschäftigten extern anzumieten: Um die 94 Millionen Euro kämen dann in dreißig Jahren zusammen. Das Amt schreibt in einem Vermerk: „Ingesamt stellt sich die Variante 1 [Abriss und Neubau der Bauteile B bis E] als in jeder Hinsicht empfehlenswert heraus.“

Die Vorteile bei einem Neubau: Die neuen Häuser könnten an die Bedürfnisse der Verwaltung optimal angepasst werden, es müsste trotz der erhöhten Mitarbeiterzahl nicht mehr Fläche bebaut werden als bisher. Außerdem würde der jährliche Energiebedarf im Vergleich zu heute um 53 Prozent sinken – das Rathaus würde in Sachen Nachhaltigkeit ein Vorbild für die Bürger sein können. Nach der Präsentation des Amtes schien die Stimmung unter den Bezirksverordneten zu „Neubau“ zu tendieren – für eine komplette Anmietung sprach sich kein Lokalpoliotiker aus.

Das weitere Vorgehen: Die Ausschussmitglieder werden die Zahlenkolonnen sacken lassen und in der März-Sitzung Fragen formulieren und beraten. Sowohl Machbarkeitsstudie als auch die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung beinhalten keine architektonischen oder gar stadtplanerischen konkreten Vorschläge; beides soll nur dazu dienen, sich für einen Umgang mit dem alten Gebäudebestand entscheiden zu können. Sollten sich Bezirksverordnetenversammlung und Bezirksamt auf eine Variante geeinigt und der Senat seine Zustimmung gegeben haben, werde ein Architektur-Wettbewerb – eventuell sogar zweistufig – ausgelobt, erklärte das Amt. Erste Baugelder dürften frühestens 2023 fließen, hieß es. Fachfrau Angela Hertel geht von einer Bauzeit von etwa vier Jahren aus.

Noch ein Nachtrag: Alle Überlegungen drehen sich um die Bauteile B bis E. Die Kosten für die Sanierung des Altbaus (Bauteil A) kämen zu den oben genannten Beträgen noch hinzu. Die Altbau-Sanierung ist aktuell mit 17 Millionen Euro veranschlagt.