Namen & Neues

Erfolg für die Schlachtensee-Separatisten: Viel Zustimmung für einen neuen Ortsteil

Veröffentlicht am 14.02.2019 von Boris Buchholz

Die Karte, die Dirk Jordan, einer der Begründer der Initiative Ortsteil Schlachtensee, an die Wand der Kirche projizieren ließ, sah gallisch aus: Inmitten einer blau-gelb-grünen Karte von Steglitz-Zehlendorf springt eine einzelne, kleine, rot eingefärbte Fläche ins Auge – der neue Ortsteil Schlachtensee, so könnte er aussehen. Etwa 160 Menschen hatten sich am Mittwochabend in der Schlachtenseer Johanneskirche versammelt: Soll Schlachtensee „eigenständig“ werden? Was wären die Vorteile, wenn man der achte Ortsteil im Südwesten wäre?

Für Stefan Schlede, CDU, Ex-Schulstadtrat in Zehlendorf und einer der Organisatoren der Bürgerversammlung, würde der Ortsteil mehr Zusammenhalt, mehr Heimat, mehr Nachbarschaft bedeuten: „Das soll uns etwas näher rücken lassen.“ Zugleich hegt er allerdings auch die Hoffnung, dass seine Nachbarschaft mit dem Straßenschild „Schlachtensee“ auch mehr Gewicht im Bezirk bekommen würde. So suggeriert er, sei eine Waldtoilette oder ein Zebrastreifen vor dm in der Breisgauer Straße leichter durchzusetzen, wenn Schlachtensee Ortsteil wäre. Er sehe den neuen Ortsteil „nicht nur ideell, sondern mit konkreten Projekten“.

Diesen Wünschen schlossen sich viele der Diskutanten an. Eine eigene Postleitzahl für Schlachtensee wurde gefordert. Immer wieder wurde die fehlende Bus-Anbindung des Bereiches um die Breisgauer Straße kritisiert. Zwar würde die S-Bahn für große Sprünge gut sein, doch seien die kleineren Wege ohne einen Bus beschwerlich. „Ich habe mal versucht, von der Kirchengemeinde Schlachtensee zur Gemeinde Nikolassee zu kommen“, berichtete eine Bürgerin, „das ist ein langer Weg“. Ein Rufbus könne Abhilfe bringen, schlug sie vor. Umwelt- und Baustadträtin Maren Schellenberg (Grüne) wies das Publikum darauf hin, dass die Argumentation von Stefan Schlede Lücken aufweise: „Für einen Rufbus oder einen Zebrastreifen brauchen Sie keinen Ortsteil“, für beides sei noch nicht einmal das Bezirksamt zuständig.

Eine Bürgerin brachte ein weiteres Pro-Schlachtensee-Argument in die Runde ein: Sie habe gerade ihr Elternhaus in der Matterhornstraße verkauft. Da es offiziell in Nikolassee lag, sei der Verkaufserlös geringer als gewünscht ausgefallen. Anders wäre der Verkauf ihrer Meinung abgelaufen, wenn es einen eigenen Ortsteil gäbe, „Schlachtensee ist höherwertiger“.

Sozial- und Bildungsstadtrat Frank Mückisch (CDU) beobachtete einen neuen Impuls in der Diskussion: „Für mich war der Begriff Schlachtensee immer ein geographischer“, jetzt klinge es nach „Gründung einer Gebietskörperschaft“. Tatsächlich hat die Initiative um den Lokalhistoriker Dirk Jordan in der Vergangenheit stets stadthistorisch argumentiert; jetzt kamen politische Forderungen hinzu.

Um 18 Uhr hatte die Bürgerversammlung begonnen, um 19.15 Uhr wurde um ein Meinungsbild gebeten: Von den etwa 160 Anwesenden stimmten vier gegen einen neuen Ortsteil, elf Bürgerinnen und Bürger enthielten sich – und die überwältigende Mehrheit im Saal stimmte für „Schlachtensee“. Große Freude, um 19.22 Uhr stand ich auf der Matterhornstraße – die noch in Zehlendorf liegt.

Darüber wie es nach diesem Erfolg für die Initiative jetzt weitergehen soll, herrscht noch keine Einigkeit. Während der grüne Bezirksverordnete Michael Gaedicke vorschlug, die Möchte-gern-Schlachtenseer sollten einen Einwohnerantrag an die Bezirksverordnetenversammlung richten, regte der FDP-Politiker Rolf Breidenbach an, dass das Amt jeden zehnten Bürger im potenziellen Ortsteil befragen sollte. Dirk Jordan wiederum schlug vor, wie bei einem Bebauungsplan vorzugehen: Das Bezirksamt solle den achten Ortsteil beschließen und dann eine Widerspruchsfrist einräumen – wenn sich kaum jemand beschwere, könne das Straßenschild „Schlachtensee“ aufgehängt werden.

Wasser in den Wein der Euphorie hatte in der Versammlung eine Dame gegossen: Sie mahnte zur Vorsicht, denn jüngere Menschen seien im Kirchsaal „nicht überlastig vertreten“ gewesen. Tatsächlich waren fast ausschließlich Separatisten in der zweiten Lebenshälfte zur Versammlung erschienen; das Durchschnittsalter der Anwesenden lag wohl näher an 70 als an 60 Jahren. Was die Jüngeren von der Ortsteil-Gründung halten, ist noch unklar.