Namen & Neues

Der Bezirk weigert sich: Der Senat will einen neuen Bebauungsplan für Heckeshorn

Veröffentlicht am 28.02.2019 von Boris Buchholz

Es bahnt sich Streit an: Am 25. Januar wies die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen den Bezirk an, einen Bebauungsplan für Teile des Geländes der ehemaligen Lungenklinik in Wannsee aufzustellen. Es geht um das ehemalige Schwesternwohnheim (Zum Heckeshorn 27/29) sowie die Häuser D und E (Zum Heckeshorn 33). Das Ziel der Senatsbemühungen ist es, die bisher dort nur temporär erlaubten Flüchtlingsunterkünfte, die 2017 auf Basis eines Sonderbaurechts für drei Jahre genehmigt wurden, dauerhaft betreiben zu können. Bis heute werden die Gebäude noch gar nicht genutzt, dort wohnt kein Geflüchteter. Vielleicht erinnern Sie sich: Den Umbau des Schwesternwohnheims stoppte im letzten Jahr eine Fledermaus-Population (der Tagesspiegel berichtete).

Der Bezirk stellt sich dem Senatswunsch entgegen und verweigert den neuen Bebauungsplan. „Ich halte es nicht für zulässig, den Bebauungsplan aufzustellen, ohne den Flächennutzungsplan zu ändern“, positioniert sich Stadtplanungsdezernentin und Bezirksbürgermeisterin Cerstin Richter-Kotowski (CDU). Denn laut Flächennutzungsplan (FNP) sei am Heckenshorn eine Klinik, also Gesundheitsangebote, vorgesehen. Wenn dort dauerhaftes Wohnen möglich werden solle, dann müsse der FNP angepasst werden. Das vom Senat angesprochene Areal sei etwa 35.000 Quadratmeter groß; ab einer Größe von drei Hektar sei bei einer abweichenden Nutzung die Änderung des FNPs vorgeschrieben, so Richter-Kotowski.

„Der Argumentation des Bezirks kann nicht gefolgt werden“, stellt Katrin Dietl, Sprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen, auf Nachfrage des Tagesspiegels klar. „Die geplante Festsetzung eines Sondergebietes Flüchtlingsunterbringung beziehungsweise die geplanten Flüchtlingsunterkünfte als soziale Einrichtung entsprechen den Grundzügen der aktuellen Darstellung des Flächennutzungsplans als Gemeinbedarfsfläche.“ Außerdem handele es sich bei der „geplanten Größe des Geltungsbereiches des aufzustellenden Bebauungsplans“ um eine „untergeordnete Teilfläche“.

Auch dem Argument der Bürgermeisterin, dass der Senat eine Bürgerbeteiligung an den Planungen einschränke (bei einer Änderung des FNPs sind eigene Beteiligungsschritte vorgesehen), widerspricht die Senats-Sprecherin: Mit dem Bebauungsplanverfahren gingen eine frühzeitige Bürgerbeteiligung und eine öffentliche Auslegung einher, die Beteiligung der Öffentlichkeit sei „gesichert“. Cerstin Richter-Kotowski fürchtet dennoch, dass ohne Änderung des FNP zum Beispiel die Frage, wie das „naturschutzfachlich höchst sensible Gebiet“ weitgehend geschützt werden könnte, nicht ausreichend diskutiert werden würde – „dahinter haben Sie ein riesiges Landschaftsschutzgebiet“.

Die Senatsverwaltung möchte jedoch nicht neu bauen, sie will nur die bestehenden Gebäude nutzen. „Die Unterbringung von Flüchtlingen am Standort Heckeshorn stellt ein dringendes Gesamtinteresse Berlins dar“, sagt Sprecherin Dietl. Trotz rückläufiger Flüchtlingszahlen bestehe nach wie vor, auch aufgrund der auslaufenden Genehmigung für Tempohomes, „ein erhebliches Defizit an dauerhaften Plätzen für die Unterbringung von Geflüchteten“. Sollte der Standort Heckenshorn künftig wegfallen, könne dies „nicht an anderer Stelle kompensiert werden“. Vor diesem Hintergrund sei eine Nutzung der Gebäude als Flüchtlingsunterkünfte „voraussichtlich auch nach Ablauf der befristeten Baugenehmigung unausweichlich“. Auch nach der baulichen Entfristung sei vorgesehen, dass in allen angesprochenen Gebäuden zusammen maximal 502 Menschen wohnen sollten.

Nicht betroffen von dem aktuellen Streit ist übrigens das ehemalige Bettenhaus der Klinik (Haus A, Zum Heckeshorn 30), das bereits als Flüchtlingsunterkunft genutzt wird. Für das Gebäude gilt ein eigener Bebauungsplan aus dem Jahr 1968, er trägt die Nummer X-105, der die Nutzung für kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke zulässt. Die maximal 262 Unterkünftsplätze im Bettenhaus sind unbefristet genehmigt.

Der Senat hat dem Bezirksamt eine Frist von vier Wochen eingeräumt, um die Aufstellung eines Bebauungsplans zu beschließen. Sollte der Bezirk der Weisung nicht nachkommen, habe der Senat angedroht, das Verfahren an sich zu ziehen, erklärte die Bezirksbürgermeisterin: „Ich lasse natürlich auch prüfen, welche rechtlichen Möglichkeiten der Bezirk hat“ – um gegen die Weisung vorzugehen.