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Kurzfristige Entscheidung: Kirche St. Peter und Paul auf Nikolskoe wird nach Ostern für ein Jahr geschlossen

Veröffentlicht am 04.04.2019 von Boris Buchholz

Weil der Senat kurzfristig Mittel für die Sanierung frei gemacht hat, wird die beliebte Ausflugs- und Hochzeitskirche über der Havel nach Ostern für etwa ein Jahr nicht zugänglich sein. Dies teilte die Küsterei der Kirche, die Mitarbeiter wurden von der rasanten Entwicklung selber überrascht, in einem Rundschreiben mit. Der letzte Gottesdienst wird am Ostermontag, 22. April, um 15 Uhr in der Kirche mitten im Wald gefeiert – dann bleiben die Kirchenportale für die Öffentlichkeit geschlossen.

Die Vorsitzende des Kuratoriums von St. Peter und Paul auf Nikolskoe, Alice von Podbielski-Stellpflug, bestätigte diese Planungen auf Nachfrage des Tagesspiegels. Die notwendigen Bauarbeiten an dem Gebäude seien mannigfaltig: Das Dach wird komplett saniert, ein neues Zinkdach wird erstellt, feuchte und morsche Balken müssen ausgetauscht werden. In die Glockentürme dringt Feuchtigkeit ein, sie müssen abgedichtet werden. Auch vor der Kirche entsteht eine Baustelle: „Der Vorplatz wird komplett abgegraben, eine neue Drainage verlegt, die halbrunde Stützmauer saniert“, erklärt die Kuratoriumsvorsitzende. Vielleicht müssten auch die Eingangsstufen neu angepasst werden, sie könnten sich durch den absenkenden Vorplatz gesenkt haben.

Innen geht es weiter, die alte Öl-Heizung soll ausgebaut, eine neue Gas-Heizung eingebaut werden. Alice von Podbielski-Stellpflug: „Der gesamte Fußboden wird kartiert und hochgenommen, jede Kirchenbank dafür demontiert, unter jeder Kirchenbank werden neue Heizkörper angebracht, neu werden auch Heizkörper auf den Emporen eingebaut.“ Kurz – die zwischen 1834 und 1837 gebaute Kirche muss am Herzen operiert werden.

Das Kuratorium und der Kirchenkreis Teltow-Zehlendorf, eine Gemeinde im eigentlichen Sinne gibt es im Wald nicht, haben allerdings offenbar wenig Einfluss auf die konkreten Planungen und Maßnahmen. Der Eigentümer des Gebäudes und für den baulichen Erhalt zuständig ist nicht die Evangelische Kirche, sondern das Land Berlin, genauer die Berliner Forsten. „Alle Sanierungsmaßnahmen werden von dort finanziert, beauftragt und geleitet“, erklärt Alice von Podbielski-Stellpflug. Die Kirche als Nutzer habe dem Eigentümer über Jahre den Sanierungsbedarf mitgeteilt. Im vergangenen Winter habe sich ein nahender Baubeginn „angezeigt“; die Kirche ging nach Absprachen mit dem Architekten und den Berliner Forsten allerdings davon aus, dass der Kirchenbetrieb während der Bauarbeiten weiter gehen könne. „Häppchenweise“ sollte die Sanierung voranschreiten.

„Erst als sich auch die komplette Sperrung des Vorplatzes mit einer vierzig Zentimeter tiefen Abgrabung und massivem Bauzaun abzeichnete, hat das Kuratorium zusammen mit dem Geschäftsführenden Ausschuss des Kirchenkreises beschlossen, dass die Kirche für die Bauzeit geschlossen werden soll“, berichtet Kirchenfrau von Podbielski-Stellpflug. Und sie sagt deutlich: „Ein kirchlicher Betrieb, insbesondere Trauungen unter Gerüsten, Bauplanen und Zäunen mit demontierten Kirchenbänken, aufgerissenem Kirchenfußboden und Sandbergen vor dem Portal wäre nicht möglich.“

Lothar Beckmann, er war selber 15 Jahre Mitglied des Kuratoriums auf Nikolskoe, ist entsetzt: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir damals eine solche Totalschließung erwogen beziehungsweise beschlossen hätten.“ Er argumentiert, dass St. Peter und Paul eine der vier „Leuchtturm-Kirchen“ in Berlin sei, „die von vielen Touristen und Nicht-Christen besucht werden“. Doch werde zur Zeit am Berliner Dom und an der Gedächtniskirche gebaut, nur die Marienkirche sei baufrei – und die Kirche St. Peter und Paul demnächst geschlossen. „Einladend ist diese Häufung von Baustellen in der evangelischen Landeskirche gerade nicht“, meint der Ex-Kurator. „Jetzt wird die Kirche also mitten im Fontane-Jahr geschlossen“, der gefeierte Dichter hat über die Wald-Kirche geschrieben, „manchen Fontane-Freund wird es sicher vor die verschlossene Kirchentür treiben“.

Da man nicht Eigentümer der Kirche sei, habe man wenig Einflussmöglichkeiten, entgegnet Alice von Podbielski-Stellpflug. „Man kann sich auch nicht aussuchen, wann die Heizung nicht mehr funktioniert und das Dach undicht wird.“ Auch wenn man die Bauarbeiten auf einen späteren Zeitpunkt hätte verschieben könne, wäre man wohl an der kompletten Schließung nicht vorbeigekommen, sagt sie.

Einen Vorteil hätte ein längerer Planungsvorlauf allerdings gehabt: Man hätte keine Termine für Hochzeiten und Taufen vergeben. Jetzt mussten Paare und Eltern umplanen. Allerdings habe man sich mit der Kirchengemeinde Berlin-Wannsee abgesprochen, „so dass jedem Brautpaar und allen Taufeltern direkt ein Termin für ihre Kasualie an ihrem Tag und fast immer auch zu der vorher gewünschten Uhrzeit in einer der beiden Kirchen in Wannsee“ angeboten werden konnte, so die Kuratoriumsvorsitzende. Achtzig Prozent der Paare hätten dieses Angebot angenommen.