Namen & Neues
Kältehilfe für Obdachlose steht auch für dieses Jahr auf der Kippe
Veröffentlicht am 19.09.2019 von Boris Buchholz
Ob es in diesem Jahr in Steglitz-Zehlendorf endlich eine Notübernachtungseinrichtung im Rahmen der Kältehilfe für Obdachlose geben wird, ist offen. Seit zwei Jahren wird zwar über ein solches Notquartier im Bezirk diskutiert; erst im März beschloss die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) einstimmig einen Antrag der Linken, dass im Südwesten eine Notübernachtung für Obdachlose eingerichtet werden sollte. Das Bezirksamt schlug auch ein Objekt vor – die Bergstraße 4 in Wannsee.
Doch seitdem gebe es „keinen Fortschritt“, warf Gerald Bader, der Fraktionsvorsitzende der Linken, Sozialstadtrat Frank Mückisch (CDU) in der letzten Bezirksverordnetenversammlung vor. „Das ist eine unzulänglich verkürzte Darstellung“, wehrte der sich, „es ist ein langer Prozess.“
Im Frühjahr war der Stadtrat noch mit dem Deutschen Roten Kreuz als potenziellem Träger im Gespräch. Für 17 Euro pro Platz und Nacht sollte das DRK Südwest aktiv werden – und zudem das Haus, das es nur über den Winter als Notquartier betreiben sollte, auf eigene Kosten sanieren. Holger Höringklee, der Geschäftsführer des DRK Südwest, erklärte auf Nachfrage des Tagesspiegels, dass sich das nicht finanzieren lasse. Man brauche mindestens einen längerfristigen Vertrag und eine ganzjährige Nutzung, dann könnte es sich für das Rote Kreuz rechnen, die Sanierungsarbeiten aus der eigenen Tasche zu bezahlen.
Das Amt lehnte ab – und stellte fest, dass sich auch andere mögliche Träger unter diesen Bedingungen nicht zur Kooperation bewegen ließen. Also schwenkte das Sozialamt um und entschied, die Sanierung des Hauses doch selber auszuführen. Zwei Träger hätten sich daraufhin gefunden, die die zukünftige Notunterkunft betreiben könnten, teilte Mückisch den Bezirksverordneten in der letzten Woche mit. Allerdings, räumte er ein, seien die potenziellen Träger aus der ersten Runde nicht noch einmal kontaktiert worden.
Trotzdem jetzt zwei mögliche Träger gefunden sind, wird die Unterkunft in Wannsee zum Beginn der Kälteperiode im Oktober wohl nicht betriebsbereit sein. Es stünden „noch ein paar bauliche Maßnahmen“ aus, erklärte Mückisch den Bezirksverordneten – und: „Die Bedarfsanmeldung ist erfolgt.“ Die SPD-Bezirksverordnete Olemia Flores Ramirez fragte nach dem Eröffnungstermin. „Ich tue mich da ein bißchen schwer“, erwiderte der Stadtrat. Ob es noch in diesem Jahr mit der Eröffnung klappen werde, hakte SPD-Fraktionschef Norbert Buchta nach. „Ich will in diesem Jahr, äh, in dieser Saison an den Start gehen“, lautete die Antwort.
Der CDU-Fraktionschef Torsten Hippe sprang seinem Stadtrat bei: „Selbst wenn es in diesem Jahr nicht klappen sollte, wird niemand darunter leiden.“ Denn schließlich sei die Obdachlosenhilfe eine berlinweite Aufgabe, es gebe ja Notunterkünfte in anderen Bezirken. Kay Ehrhardt, Fraktionsvorsitzender der FDP, wunderte sich, dass Hippe schon eine „Exit-Strategie“ für den Stadtrat formuliere. Harscher formulierten es die Linken auf Twitter: Diese Argumentation sei „einfach nur #unsozial!“.