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Es sind wohl die Fensterbänke: Asbest im Rathaus Zehlendorf sorgt für Ausnahmezustand

Veröffentlicht am 05.12.2019 von Boris Buchholz

Es sind wohl die Fensterbänke: Asbest im Rathaus Zehlendorf sorgt für Ausnahmezustand. Es war ein Zufallsfund: Im Bauteil B des Rathauses Zehlendorf, er stammt aus den 1970er Jahren, wurde ein Wasserschaden beseitigt – als die Handwerker sich in den Nachbarräumen ein Bild davon machen wollten, ob es auch dort Handlungsbedarf gäbe, fielen ihnen auf einer Fensterbank verdächtige Materialien auf. Daraufhin eingeleitete Untersuchungen ergaben: Es handelt sich um krebserregende Asbest-Fasern. Das Bezirksamt teilte Ende letzter Woche mit, dass ein beauftragtes Ingenieurbüro „schwach gebundenes Asbest in Spuren (Klasse 1=weniger als 1%)“ in den beiden Räumen gefunden habe. Ausnahmezustand im Rathaus.

„Wir gehen im Augenblick davon aus, dass die Fasern vom Wind hineingeblasen worden sind“, erklärte Bezirksbürgermeisterin Cerstin Richter-Kotowski (CDU) am Dienstagabend in einem Telefonat. Denn anscheinend wurden die außenliegenden Fensterbänke aus asbesthaltigem Zement hergestellt – eine Abfrage im „Asbestkataster“ habe ergeben, „dass diese Fensterbänke in allen Gebäudeteilen von B bis E verwendet worden sind“. Oder andersherum: Nur der hundertjährige Altbau, das ist Bauteil A, ist vom Asbestverdacht nicht betroffen. Alle Hausteile, die seit den 1950-er Jahren erstellt wurden, stehen unter Generalverdacht.

Am 25. November lagen die Untersuchungsergebnisse aus den beiden B-Räumen vor, sie wurden daraufhin gesperrt. Der Hochbauservice der Serviceeinheit Facility Management beauftragte „unverzüglich“, so das Bezirksamt, weitere Untersuchungen, die bis zum Redaktionsschluss andauerten. „Jetzt warten wir auf das Ergebnis“, sagte die Bezirksbürgermeisterin am Dienstagabend, derweil seien die Proben im Labor angekommen. Sie hoffe, dass sie bis Ende der Woche Bescheid erhalte, ob auch andere Räume und Bauteile betroffen sind. Gegenüber dem Tagesspiegel versicherte sie, dass nicht nur Proben von den Fensterbänken, sondern auch aus Wänden und Decken genommen worden seien.

Um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schützen, habe sie es seit letzter Woche „allen Dienstkräften in den betroffenen Bauteilen freigestellt, ob sie bis zum Vorliegen der Untersuchungsergebnisse in der 49. Kalenderwoche ihren Dienst absolvieren“, so Cerstin Richter-Kotowski. Es könne „niemand gezwungen werden, in den Diensträumen zu arbeiten“. Eine Zahl, wie viele Beschäftigte des Bezirksamts dieses Angebot wahrgenommen haben, könne sie nicht nennen. Viele Mitarbeiter würden von zu Hause arbeiten; zugleich würde mit den Vorgesetzten abgesprochen, wie Sprechzeiten angeboten und dienstliche Aufgaben wahrgenommen werden können. Alle Maßnahmen seien ergriffen worden, die man ergreifen könne, so die Bürgermeisterin. Der Personalrat sei “ voll eingebunden“, betont sie. Und: „Wir sind voll handlungsfähig.“

Erst wenn die Untersuchungsergebnisse vorliegen, kann über das weitere Vorgehen gesprochen werden. Klar ist: Mindestens einige Räume müssen saniert werden. „Wir sind auf Hochtouren dabei, zusätzliche Räume zu akquirieren“, erklärt die Rathauschefin. Wie viele sie benötigt, wisse sie aktuell jedoch noch nicht.

So oder so verschärfen die Asbest-Funde im Rathaus Zehlendorf die Debatte um die Sanierung beziehunsgsweise den Neubau des Rathauses. Die SPD-Fraktion hat bereits eine große Asbest-Anfrage auf die Tagesordnung der nächsten Bezirksverordnetenversammlung gesetzt. Unter anderem wollen die Sozialdemokraten wissen, ob bereits 2008 ein Schadstoffgutachten die Asbestbelastung festgestellt habe – und ob eine Sanierung verschleppt worden sei.

Es gibt auch gute Nachrichten: Das Bürgeramt und das Standesamt haben ihren Sitz im Altbau – beide viel besuchten Behörden arbeiten ganz normal. Sollten Sie aber einen Termin im Jugendamt, im Rechtsamt oder im Stadtplanungsamt haben, sollten Sie sich telefonisch vergewissern, ob und wo Sie Ihren Ansprechpartner antreffen. „Ich bitte dies zu entschuldigen“, sagt Bürgermeisterin Richter-Kotowski.

Eine Übersicht über betroffene Ämter finden Sie online auf berlin.de/ba-steglitz-zehlendorf. Demnach bleibt beispielsweise am Donnerstag das Familienbüro geschlossen. Die Sprechstunden für Kita- und Hortgutscheine sowie den Unterhaltsvorschuss wurden in den Bauteil A verlegt – „es wird zu Engpässen in der Bearbeitung der Anliegen kommen“, heißt es online. – Text: Boris Buchholz
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