Namen & Neues

Der Vater war positiv: Ein Zwölfjähriger aus Nikolassee berichtet aus der häuslichen Isolation

Veröffentlicht am 09.04.2020 von Boris Buchholz

Leo ist zwölf Jahre alt, wohnt in Nikolassee und hat drei Geschwister. Über eine Woche lag er krank im Bett, seit fast drei Wochen darf die Familie das Haus nicht mehr verlassen – sie ist in häuslicher Isolation.

Leo, wie geht es Dir? Und wie kam es, dass Du nicht mehr raus darfst? Mein Vater wurde positiv auf das Coronavirus getestet. Er hat seit zwei Wochen Kopfweh, Gliederschmerzen, Husten und Schnupfen und ist ganz schlapp. Komischerweise war mein Test negativ, denn ich hatte Fieber und Husten und lag auch den ganzen Tag im Bett, weil ich so schlapp war. Jetzt geht es mir wieder besser, aber ich bin immer noch ein bisschen schlapp. Vielleicht war ich schon wieder negativ, als man mich testete, da es eine Woche nach den Beschwerden war. Auch der Rest der Familie war negativ, wobei uns das alle wunderte, da meine Schwester auch krank war.

Symbolfoto: Sebastian Gabsch

Was heißt das jetzt für Dich und für Euch? Wir bleiben zu Hause und dürfen unser Grundstück nicht verlassen. Keiner musste ins Krankenhaus. Glücklicherweise haben wir einen Garten, sodass wir raus können. Wir dürfen noch nicht mal einkaufen oder einen Spaziergang machen oder auf die Fußballwiese gehen. Unsere Freunde fragen uns oft, wie es uns geht und ob wir etwas brauchen. Sie bringen uns Einkäufe und stellen sie vor unserem Gartentor ab.

Es ist ja unheimlich, zu wissen, dass so ein Virus in einem rumtobt: Was sind Deine Gedanken zum Virus – und worüber machst Du Dir am meisten Sorge? Aus meiner Sicht ist das größte Problem, dass es keine klaren Anzeichen gibt. Und dass es sich so schnell verbreitet, wobei das auch an uns liegt. Mir macht am meisten Sorge, dass wir nicht wissen, wie lange diese Situation dauert. Außerdem fallen viele schöne Dinge aus, auf die ich mich sehr gefreut hatte – zum Beispiel Urlaube und Reisen und Feiern in der Schule oder von Freunden.

Du hast in Deinem WhatsApp-Status geschrieben, dass Du Corona hast. Wie waren die Reaktionen Deiner Freunde? Viele haben gefragt, wie es mir geht, und dass ich sie immer nach allem fragen kann, und manche dachten, dass es ein Aprilscherz ist. Als das Ergebnis doch negativ war, war ich überrascht und auch erleichtert. Wegen meinem Vater bin ich trotzdem fast 2,5 Wochen in Quarantäne.

Was hat Dich rund um die Coronaerkrankung bisher am meisten beeindruckt? Dass der Virus die ganze Welt lahmlegt. Und dass man sich so schnell ansteckt. Das komischste für mich war, dass Waren, die eigentlich keine Mangelwaren sind, nun grundlos Mangelwaren sind – zum Beispiel Klopapier und Nudeln.

Wenn Sie uns Ihre Corona-Geschichte erzählen wollen (zum Beispiel wie Sie Ostern erlebt haben), schreiben Sie meiner Kollegin Lotte Buschenhagen unter der E-Mail lotte.buschenhagen@extern.tagesspiegel.de (sie vertritt mich nächste Woche).

+++ Das Interview führte Boris Buchholz, der Sie jeden Donnerstag im Newsletter mit frischen Infos aus Steglitz-Zehlendorf versorgt. Anmeldung hier: leute.tagesspiegel.de

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  • Wie es hinter den Kulissen der Corona-Hotline des Bezirks abläuft
  • Ostersonntag: Glocken- und Trompeten-La-Ola im Südwesten
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