Namen & Neues
Evangelische Hochschule Berlin wird saniert – und zieht (zum Teil) an die Zehlendorfer Dorfaue
Veröffentlicht am 30.04.2020 von Boris Buchholz
Seit einer Woche hat an der Freien Universität das „Kreativsemester“ begonnen – 89 Prozent der Veranstaltungen für die etwa 33.000 eingeschriebenen Studierenden finden digital statt. Bereits drei Wochen früher, schon am 1. April, starteten die Angehörigen der sehr viel kleineren Evangelischen Hochschule Berlin (EHB) in das neue Semester. Circa 1500 Menschen studieren am Teltower Damm 118-122 gegenüber der John-F.-Kennedy-Schule beispielsweise Soziale Arbeit, Kindheitspädagogik, Evangelische Religions- und Gemeindepädagogik, Hebammenkunde oder Pflege. Um die achtzig Prozent der Lehrveranstaltungen seien auf ein Onlineformat umgestellt worden, erklärt die Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Hochschule, Sibylle Baluschek, auf Nachfrage des Tagesspiegels. „Natürlich gibt es auch Seminare – gerade in den Gesundheitsstudiengängen, der Sozialen Arbeit sowie Kindheitspädagogik – in denen Präsenzlernen unabdingbar ist“, sagt sie. Sie ist sich sicher: „Die Praxiseinsätze finden in der Regel statt.“
Das Sommersemester birgt eine doppelte Herausforderung für die EHB. Zum einen musste die Hochschule noch schneller als andere auf digitale Lehr- und Lernformen umschalten. Zum anderen müssen die Gebäude der EHB dringend saniert werden – die Arbeiten am ersten Bauabschnitt beginnen bereits am Montag, dem 4. Mai. „Die Bauarbeiten zur energetischen Sanierung an der EHB werden wie geplant durchgeführt“, erläutert Sprecherin Baluschek, Beeinträchtigungen gebe es aktuell keine, „auch nicht wegen des durch die Corona-Pandemie verursachten Notbetriebes“.
Hochschulintern heißt das Sanierungsprojekt „EHB 3S – KlimaSchutz, UmweltSchutz, DenkmalSchutz“. Die sechs Gebäude, in denen Seminarräume, Büros, Verwaltung, Mensa, Bibliothek und vieles mehr untergebracht sind, stammen aus den 1950-er Jahren und sind im Stil der neuen Sachlichkeit vom Berliner Architekten Jakob Lehrecke errichtet worden. Jetzt ist es höchste Zeit, sie zukunftssicher zu machen: Fassaden, Wände, Dächer, Böden und Fenster werden wärmegedämmt, ein mit Gas betriebenes Blockheizkraftwerk wird gebaut, im Haus E (es ist mit Abstand das größte auf dem Campus) wird eine Lüftungsanlage eingebaut. Insgesamt geht die Hochschule davon aus, dass siebzig Prozent der derzeitigen CO2-Emissionen durch die Sanierung eingespart werden können. Das entspricht 772 Tonnen CO2 pro Jahr; jährlich soll der Lehr- und Forschungsbetrieb 2.000.000 Kilowattstunden Energie weniger verbrauchen als heute.
14 Millionen Euro wird die Sanierung insgesamt wohl kosten. Davon stammt der Großteil, 8,5 Millionen Euro, aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung. Je zwei Millionen Euro steuern das Land Berlin und die Evangelische Landeskirche bei, die restlichen 1,5 Millionen Euro bringt die EHB selber auf.
Ab Montag wird eingerüstet und die Baustelle eingerichtet. Die Bauarbeiten beginnen im vom Teltower Damm aus gesehen hinteren Bereich – die Gebäude A bis D sind zuerst an der Reihe. Im Mai fangen die Bauarbeiter mit dem Austausch der Fenster und Türen an, ab Juli widmen sie sich auch den Dächern und den Fassaden. Ende 2020 soll dieser erste Teil der Maßnahmen abgeschlossen sein. Dann werden das Bibliotheksgebäude E (ab Oktober) und das Hauptgebäude F saniert (Frühjahr 2021). Wenn alles nach Plan verläuft, wird die EHB im Herbst 2022 im neuen Glanz erstrahlen.
Logistisch ist die Gesamtmaßnahme bei laufendem Betrieb eine gewaltige Herausforderung. Zwar kommt es den Sanierungarbeiten zupass, dass durch Corona der Campus aktuell fast verwaist ist. Doch ist absehbar: Der Platz wird knapp werden. Deshalb hat die Hochschulleitung für etwas Abhilfe gesorgt – für zwei Jahre mietete sie vier Seminarräume im Gemeindehaus der Paulus-Kirchengemeinde an der Zehlendorfer Dorfaue an. „Es ist geplant, dass die Präsenzlehre für die Studierenden des Studiengangs Bachelor of Nursing, also das Pflegestudium, dort stattfindet“, berichtet Sibylle Baluschek. Aktuell sind rund 110 angehende Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner in dem Studiengang eingeschrieben.
Ein Gewinn für die Zehlendorfer Ortsmitte: Im „Dorf“ ist die kleine, aber feine Hochschule aus der Nachbarschaft sonst kaum sichtbar. Auch wenn die Umgestaltung der Dorfaue noch länger auf sich warten lässt, werden die zukünftigen Pflegefachkräfte den Platz und das Regionalzentrum bereichern und beleben. Ein Hauch Dahlem zieht ein.