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Abstand zu halten, ist in den Flüchtlingsunterkünften kaum möglich: Offener Brief der Flüchtlingsinitiativen

Veröffentlicht am 07.05.2020 von Boris Buchholz

Überall öffnen Läden und Einrichtungen wieder; die Abstandsregeln und Hygienevorschriften seien natürlich zu beachten, heißt es stets. In den Unterkünften für Geflüchtete ist das zumeist kaum möglich – darauf weisen in einem offenen Brief sechs Berliner Flüchtlingsinitiativen hin, darunter das Willkommensbündnis Steglitz-Zehlendorf. Bereits Mitte April hatte die Landesarbeitsgemeinschaft der bezirklichen Integrationsbeauftragten den Senat auf das Problem aufmerksam gemacht: Social Distancing sei in den Gemeinschaftsunterkünften „unmöglich“, bis zu achtzig Personen teilten sich ein Bad und eine Küche, schrieben die Integrationsbeauftragten den Landespolitikern.

Ihre Forderung: „Wir bitten Sie, für eine weniger dichte Belegung der Unterkünfte für geflüchtete und wohnungslose Menschen zu sorgen und Menschen aus Risikogruppen zu schützen!“ Auch das Heim-Schooling der Kinder und Jugendlichen sei in den Unterkünften mehr als schwierig. Denn: „In den Gemeinschaftsunterkünften für Geflüchtete und Wohnungslose gibt es in den Zimmern in der Regel keinen Zugang zum Internet.“ Weder könnten Kinder Online-Lernangebote wahrnehmen noch Hausaufgaben, die per E-Mail geschickt werden, ausdrucken. Das Land müsse in seinen Unterkünften für eine flächendeckende Internetanbindung sorgen, fordern die Integrationsbeauftragten.

Die Flüchtlingsinitiativen unterstützen die Forderungen der Integrationsbeauftragten „auf der ganzen Linie“. Allerdings nehmen sie nicht nur das Land, sondern auch die Bezirke in die Verantwortung. Denn von den etwa 40.000 wohnungslosen Menschen – dazu zählen auch Flüchtlinge – in Berlin, wohnten nur die Hälfte in Unterkünften des Landesamts für Flüchtlingsangelegenheiten. Die andere Hälfte sei durch die Wohnhilfe der Bezirke in Heimen, Hostels und Wohnungen untergebracht – meist ohne Sozialarbeiter, meist ohne WLAN, oftmals wiesen diese Unterkünfte auch noch eine „erschreckende grundsätzliche Qualität“ auf.

In Steglitz-Zehlendorf sind dem Willkommensbündnis mindestens 14 solcher „gewerblicher“ Unterkünfte bekannt, die vom Bezirk belegt werden. Das Bündnis fordert die Bezirksbürgermeisterin und die verantwortlichen Stadträte auf, tätig zu werden – damit Hygienevorschriften eingehalten werden und „zu Hause“ gelernt werden könne.