Namen & Neues

Männersache: Frauen in Berliner Politik in der Unterzahl

Veröffentlicht am 02.07.2020 von Lotte Buschenhagen

Im Vergleich zur letzten Wahlperiode ist der Anteil von Frauen in den Berliner Entscheidungsgremien gesunken. Dies berichtete meine Kollegin Judith Langowski, die neue Studien zu den Verteilungen in den Parlamenten ausgewertet hat. In der BVV Steglitz-Zehlendorf ist ein minimal rückläufiger Trend der Verhältnisse zu verzeichnen, die männlichen Vertreter des Bezirks sind weiterhin deutlich überrepräsentiert.

Mit einem Frauenanteil von 38 Prozent liegt das Gremium des Südwestens berlinweit im Durchschnitt. Zwischen den Fraktionen zeigen sich in den Verhältnissen klare Unterschiede: Gerade in der Linksfraktion (drei männliche Vertreter, keine Frau) sowie der FDP (vier Männer, eine Frau) sind die männlichen Verordneten in der Überzahl. Auch in AfD (vier Männer, zwei Frauen) und CDU (elf Männer, sechs Frauen) ist eine ungleiche Verteilung zu bemerken. In der SPD ist das Verhältnis beinahe ausgeglichen (sieben Männer, sechs Frauen), in der Fraktion der Grünen sitzen mit sechs weiblichen und fünf männlichen Vertreter*innen mehr Frauen als Männer.

Auf Anfrage des Tagesspiegels zeigten sich SPD und Linke einem Paritätsgesetz zur Angleichung der Verhältnisse auf Bezirks- und Landesebene gegenüber aufgeschlossen. „Appelle an die freiwillige Selbstverpflichtung haben bisher nicht den gewünschten Effekt erzielt“, schreibt Pia Imhof-Speckmann, Mitarbeiterin der Linksfraktion. Eine Listenkandidatin zog 2016 ins Abgeordnetenhaus ein, eine andere habe ihr Mandat aus persönlichen Gründen nicht antreten können, was die Ungleichverteilung in der Fraktion erkläre. Auch Norbert Buchta (SPD) unterstützt ein Gesetz zur Verbesserung des Ungleichgewichts: „Geschlechtergerechtigkeit muss eine Selbstverständlichkeit werden. Auf dem Weg dahin benötigen wir ein Paritätsgesetz.“

CDU und AfD äußerten sich gegenüber einer solchen Regelung skeptisch: „Wir halten es nicht für zieladäquat“, erklärt Dieter Meckelein (AfD). Und: „Bei uns zählt einzig die Kompetenz.“ Torsten Hippe (CDU) sieht ein Paritätsgesetz derweil als verfassungswidrig an. Er bescheinigte seiner Partei gleich die vollständige Freiheit jeglicher Form der Diskriminierung: „positiv wie negativ“.

Mathia Specht-Habbel, alleinige Fraktionsvorsitzende der FDP, wies auf den hohen zeitlichen Aufwand der Arbeit der Bezirksverordneten hin. „Junge Frauen haben, wenn sie Kinder haben und im Beruf Karriere machen wollen, ein Problem. Ihnen fehlt oft die Zeit für die Politik.“ Ihre Partei wolle mit einem Empowerment-Programm für mehr Gleichberechtigung sorgen. Die Fraktion der Grünen war bis zum Redaktionsschluss leider nicht für ein Statement zu erreichen.

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