Namen & Neues

Ferdinandmarkt: Keine guten Chancen für den Bauantrag von Harald Huth

Veröffentlicht am 20.08.2020 von Boris Buchholz

Ferdinandmarkt: Keine guten Chancen für den Bauantrag von Harald Huth. „Es spricht aus meiner Sicht nicht viel für eine entsprechende Befreiung.“ Der Satz von Bezirksbürgermeisterin Cerstin Richter-Kotowski (CDU) war der wichtigste in der Diskussion um die Zukunft des Ferdinandmarkts, die am Mittwochabend in der Bezirksverordnetenversammlung geführt wurde. Dem Bezirksamt liegt der Bauantrag des Investors Harald Huth vor, den glasüberdachten und bisher zur Straße offenen Ferdinandmarkt im Gebäudekomplex Ferdinandstraße 31-35 umzubauen. Im Erdgeschoss soll ein großflächiger Supermarkt mit 1.768 Quadratmetern Fläche einziehen. Zwei weitere große Ladenflächen, 663 und 439 Quadratmeter groß, kämen noch hinzu. In einem neuen Zwischengeschoss sollen Büros Platz finden (meinen Bericht finden Sie hier).

Bürgermeisterin und Stadtplanungsdezernentin Richter-Kotowski wies in ihrer Antwort auf eine Große Anfrage der FDP-Fraktion darauf hin, dass die Zusammenlegung bisher kleinerer Gewerbeflächen „eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung“ darstelle. Hinzukomme, dass die zulässige Geschossflächenzahl in der Ferdinandstraße bei 0,6 liege – das 2017 von Huth gekaufte Gebäudeensemble kommt aber schon jetzt auf eine Marke von 1,8. Mit einem weiteren Um- und Ausbau würde diese Zahl noch weiter steigen. Als das Gebäude, das jetzt Harald Huth gehört, 1997 errichtet wurde, habe das Bezirksamt Steglitz eine Ausnahmegenehmigung erteilt. Sie sei aber damals nicht begründet worden, berichtete die Bezirksbürgermeisterin. Natürlich, betonte sie, müsse das Amt den Bauantrag in Ruhe abwägen. Der Besitzer und Antragsteller habe das Recht, als erster von der Genehmigung oder Ablehnung seines Antrags zu erfahren. Noch sei nichts entschieden.

In der anschließenden Debatte wies die FDP-Fraktionsvorsitzende Mathia Specht-Habbel auf die Bedeutung des Kranoldkiezes als „attraktives Unterzentrum“ hin. „Ich wohne erst seit 23 Jahren dort, ich betrachte es dennoch als meinen Kiez“, sagte sie, „hier ist wirklich Leben“. Doch sehe sie Leerstand in den Huth-Gebäuden, Gewerbetreibende könnten die erhöhten Mieten nicht mehr bezahlen. Die SPD-Verordnete Carolyn Macmillan stellte die These in den Sitzungssaal, „erst durch den Investor trat der Leerstand auf, davor hat alles bestens funktioniert“. Später schob sie per E-Mail nach: „Was wir verhindern wollen, ist, dass die Entwicklung primär zu Lasten des kleinteiligen, inhabergeführten Einzelhandels geht, so dass am Ende die stets gleichen, monotonen Filialisten übrig bleiben.“ Gerald Bader, Vorsitzender der Linken-Fraktion, brachte die Erhaltungssatzung aus dem Jahr 1996 als mögliches weiteres rechtliches Instrument ins Spiel, um ungewünschte Bautätigkeit zu unterbinden. Denn die Satzung solle ja dafür sorgen, dass sich Charakter und Struktur in Lichterfelde-Ost nicht verändert: „Wer den Ferdinandmarkt erhalten möchte, muss nicht nur reden, sondern auch handeln!“

Die Erhaltungssatzung solle „Abbruch oder starke Überformung“ bedeutender Bauten im Kiez verhindern, konterte Cerstin Richter-Kotowski. Die städtebauliche Qualität des Komplexes Ferdinandstraße 31-35 „ist recht bescheiden“. Daher greife das Instrument nicht.„Es gibt eine rechtliche Chance, ein Stopp-Zeichen zu setzen“, so fasste der FDP-Verordnete Rolf Breidenbach die Debatte zusammen. Das Amt habe ihm Hoffnung gemacht. Für ihn sei es jetzt wichtig, den gekündigten Händlern des privaten Ferdinandmarktes (am 30. September ist für sie spätestens unter dem Glasdach Schluss) auf dem benachbarten Kranoldmarkt, der vom Bezirk betrieben wird, eine Heimat zu bieten. Fünf Händler haben bereits ihren Stand auf den Kranoldmarkt verlegt, bis zu drei weitere könnten folgen, heißt es aus dem Bezirksamt (über die Markthändler habe ich im Juni berichtet).

„Wir sind am Anfang der Diskussion, die hoffentlich zu einem guten Ende führt“, erklärte Michael Gaedicke, wirtschaftspolitischer Sprecher der grünen Fraktion. „Wettbewerb gehört gestaltet, Markt gehört gestaltet“, formulierte er zweideutig. Neben dem Streit um den Ferdinandmarkt und die Umbaupläne des Besitzers sieht er auch noch andere Baustellen: „Wir müssen die Aufenthaltsqualität des Kranoldplatzes verbessern“, er wünsche sich Bäume und Bänke und einen sicheren Radwege um den Platz herum. Auch wenn sich Bernhard Lücke, Lokalpolitiker der CDU, keine Bäume und keine Bänke auf dem Platz vorstellen möchte, gehe es darum „gemeinsam jetzt kluge Vorschläge zu entwickeln“. – Text: Boris Buchholz
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