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Freche Riesenhühner und die neugierige Ziegenfrau Betti: Neue Schilder informieren im Gemeindepark Lankwitz über die tierischen Parkbewohner

Veröffentlicht am 26.11.2020 von Boris Buchholz

Neue Schilder informieren im Gemeindepark Lankwitz über die tierischen Parkbewohner. Das neue Schild vor den Vogelvolieren im Gemeindepark Lankwitz sieht prächtig aus: „Viele Sittiche leben zumeist in einer sozialen, aber nicht in einer sexuellen Monogamie“, erfährt der Betrachter (und kommt ins Denken). Dass Mufflons 15 Jahre alt werden können und sie ihre Kinder nur 160 Tage tragen (etwa einhundert weniger als Menschen), erfahre ich einige Meter weiter. Und wer immer behauptete, dass er die Rehe im Gemeindepark besuchen würde, wird jetzt per Schild eines Besseren belehrt: „In diesem Gehege befinden sich keine Rehe, sondern Dammwild.“

Neue Schilder eingeweiht. Am Freitag, 20. November, luden Revierleiter Christian Schmidt und seine Mannen vom Park-Stützpunkt des Grünflächenamts zur feierlichen Übergabe der neuen Schilder rund um die Tiergehege – die Steglitzer Designerin Beatrice Laufer und ihr Team haben sie gestaltet, produziert und dem Park gespendet. Das Interview mit der Naturfreundin können Sie hier nachlesen. Unterstützt von Bürgern hatte das Bezirksamt im Juni eine Spenden- und Mitmachaktion zur Verbesserung und Sanierung der Tiergehege ins Leben gerufen. Designerin Laufer meldete sich und wurde aktiv. Der Revierleiter dankte ihr herzlich, die Zusammenarbeit sei hervorragend gewesen; leider war Beatrice Laufer selber bei der Eröffnungszeremonie nicht dabei.

„Achtzig Prozent der Parkbesucher kommen wegen der Tiere“, erklärt Tierpfleger Daniel Braun. Zusammen mit seinem Kollegen Leo Leonhardt kümmert er sich um Ziegen, Schafe, Mufflons, Dammwild und die Sittiche; sie sind die einzigen beiden Tierpfleger des Bezirksamts. Während der Einweihung mit Sekt und Orangensaft laufen und rennen immer wieder Kindergruppen an den Vogelvolieren vorbei – auf dem Weg vom Spielplatz zu den Gehegen der „großen“ Tiere. Schon morgens drehten die ersten Kita-Kinder ihre Runden, berichtet Tierpfleger Braun. Auch Schulklassen und Gruppen aus benachbarten Behinderteneinrichtungen seien regelmäßig zu Gast. Eltern mit Kindern, Großeltern mit Enkeln, erwachsene Spaziergänger ohne Nachwuchs – die Tiere sind Publikumsmagneten.

Bisher erfuhren die Besucher wenig über die Lankwitzer Tiere. Die neuen Schilder sorgen etwas für Abhilfe, wenigstens einige Basisinformationen über die Tiere werden jetzt vermittelt. Jörg Opel, er betreibt die Website mein-lankwitz.de über den Gemeindepark, erreichen oft Anfragen interessierter Bürger zu den Tieren. Wann man sie mit was füttern könne, wann sie draußen seien (Mufflons und Dammwild immer, sonst in der Regel bis zur beginnenden Dunkelheit). Die Schilder seien eine Bereicherung – und er kann sich noch mehr vorstellen: Wie wäre es, wenn ein Tag der offenen Tür organisiert werden würde? Wenn Kitas und Schulklassen hinter die Kulissen der Tierhaltung blicken könnten? Wenn eine Kindergruppe eine Patenschaft für ein Tier übernehmen würde? Es würde sich lohnen, ist sich Jörg Opel sicher, denn „es ist wunderbar, was hier gemacht wird“.

„Wir haben zu wenig Personal“, erwidert Revierleiter Schmidt. Mit seinen 18 Mitarbeitern müsse er nicht nur den Gemeindepark Lankwitz pflegen, sondern „eine Million Quadratmeter Grünfläche“, so groß sei „sein“ Revier. „Ich habe schon vor zwanzig Jahren vorgeschlagen, Esel anzuschaffen und ein, zwei Mal die Woche die Kinder durch den Park zu führen“, erinnert er sich. Doch das Bezirksamt sei dagegen gewesen, Sorgen um Versicherungsfragen seien angeführt worden. Auch Tierpfleger Daniel Braun sieht bei sich und seinem Kollegen keine Zeitressourcen für Führungen; sie hätten alle Hände voll zu tun, die Tiere zu versorgen. Aber: „Ich persönlich kann mir vorstellen, dass Ehrenamtliche Führungen machen.“

Und es gibt viel zu erfahren. Daniel Braun führt mich auf den Ziegenhof und stellt mir Betti, eine neugierige und mutige Ziegenfrau, vor. Während er sie füttert, beobachtet uns der Chef der Gruppe, der einzige Bock im Gehege, kritisch. Er sei schon ein alter Herr, erfahre ich, seine Hinterläufe sind schon etwas steif. Die erste Dame – und sie lasse sich auch vom Bock nichts sagen – beobachtet die Szene aufmerksam ebenfalls aus sicherer Entfernung; Betti steht in der Hierarchie deutlich unter ihr. Es ist erstaunlich: Während die Tiere auf ihrer Seite des Zauns gegenüber den Menschen auf der anderen Seite keine Scheu zeigen und immer mehr Futter fordern, bleiben sie bei Besuchern im Gehege auf vorsichtiger Distanz – nur Betti wagt sich immer näher. Der Tierpfleger erklärt, dass diese Scheu wichtig sei; immer mehr Zoos würden von der Flaschenaufzucht wie beim Eisbären Knut Abstand nehmen, zu groß würden die Probleme, wenn die Tiere erwachsen seien.

Tierpfleger Braun würde am liebsten Schweine in den Gemeindepark holen, sein Kollege schwärme von Alpakas. Beides ist – wenn überhaupt – Zukunftsmusik. Erst einmal erwartet der Gemeindepark anderen tierischen Zuwachs: In einem ehemaligen Ziegengehege ist alles für vier Brahma-Hühner und einen Hahn bereit. „Das sind Riesenhühner, halb so groß wie ein Strauß“, freut sich Christian Schmidt. Die Kinder sollten sehen, „dass Eier nicht von Aldi kommen“. Auch Tierexperte Daniel Braun ist begeistert: „Hühner machen Spaß, teilweise sind sie frech, das fetzt.“

Das Hühnerhaus ist nagelneu – andere Tierwohnstätten müssen saniert werden. Die Vogelvolieren aus den 1950-er Jahren sind marode, die Metallgitter durchgerostet, wenn es regnet, steht das Wasser in den großen Käfigen. Eigentlich müsste das ganze Vogelhaus neu gebaut werden, 70.000 Euro würde das kosten. Der Bezirk schrecke vor diesen Investitionen zurück, berichtet der Revierleiter, im nächsten Jahr solle wenigstens die Rückwand erneuert werden. Und wenn das erledigt sei, stehe die Sanierung des Unterstands für das Dammwild an, erklärt Tierpfleger Braun: „Das Holz fault, die Substanz löst sich auf.“

Die Schilder waren nur der Anfang, die Sammelaktion von handwerklichem Know-how, Sach- und Geldspenden geht weiter. Kontakt zum Amt können Sie unter den E-Mail-Adressen Hannelore.Donner@ba-sz.berlin.de und seelenmond@googlemail.com aufnehmen. Und das Spendenkonto erreicht Ihre Gabe unter der Bankverbindung DE 36 1005 0000 1210 0034 02 (BIC: BELADEBEXXX); Kassenzeichen 2036000467305, Stichwort: „Tierfutterspende“. Lassen Sie sich von dem Stichwort nicht verwirren; die Spenden kommen auch der Verbesserung der Tiergehege zugute. Text: Boris Buchholz
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Dieser Text stammt aus dem Tagesspiegel-Newsletter für Steglitz-Zehlendorf. Die 12 Tagesspiegel-Newsletter für die 12 Berliner Bezirke (mit schon über 230.000 Abos) gibt es kostenlos hier: leute.tagesspiegel.de
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