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Asbest im Rathaus Zehlendorf: Noch ist kein Ausweichquartier für die Beschäftigten in Sicht

Veröffentlicht am 12.05.2021 von Boris Buchholz


Asbestbelastet: Bauteil E an der Ecke von Kirch- und Martin-Buber-Straße

 

Asbest im Rathaus Zehlendorf: Noch ist kein Ausweichquartier für die Beschäftigten in Sicht. Erinnern Sie sich? Wenige Monate vor Corona wurde im Rathaus Zehlendorf Asbest-Alarm gegeben. Im November 2019 waren krebserregende Fasern in Büroräumen gefunden worden, die Bauteile B und E, beide stammen aus dem 1970-er Jahren wurden geräumt. Es wurde gemessen, Proben wurden genommen, es wurde gereinigt und wieder gemessen; dann konnten die Beschäftigten an ihre Arbeitsplätze zurückkehren. Im Juni 2020 mussten die 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dann ein weiteres Mal die beiden Bauteile räumen: Da die Asbestfasern aus dem Fensterlack und -kitt stammten, wurden die Fenster von außen von einer Fachfirma bearbeitet. Bei den Ad-hoc-Maßnahmen blies die ausführende Firma erneut vermutlich belasteten Staub in die Räume der Verwaltung (hier zum Nachlesen).

Im August meldete das Bezirksamt, dass die provisorischen Arbeiten abgeschlossen seien. Die Mitarbeiter konnten wieder in den Büros arbeiten, sogar die Fenster konnten wieder auf Kipp geöffnet werden. Zugleich war klar: Die Asbestfasern könne man nur durch eine umfangreiche Sanierung aus den beiden Bauteilen entfernen. „Größere Investitionen in diese Bauteile, die man 2023 eh abreißen will, lohnen sich nicht mehr“, erklärte vor einem Jahr Baustadträtin Maren Schellenberg (Grüne). 2027/2028 soll das neue Rathaus Zehlendorf mit 900 Arbeitsplätzen stehen.

Interimsquartier dringend gesucht. Weil das aufgebrachte provisorische Asbest-Pflaster auf dem Rathaus aber nur etwa ein Jahr halte, begann im Juni 2020 die Suche nach einem Ausweichstandort. Die 200 Mitarbeiter aus den Bauteilen B und E sollen 2021 umziehen, sagte Bezirksbürgermeisterin Cerstin Richter-Kotowski (CDU) im Gespräch mit dem Tagesspiegel im August 2020. Ein privater Anbieter ein temporäres Quartier sei noch im Rennen, hieß es damals, die Gespräche mit der Senatsfinanzverwaltung wegen der Finanzierung liefen.

 


Bauteil B: Sowohl dieser Anbau als auch Bauteil E entstanden in den 1970-er Jahren.

 

Sie laufen noch immer. Fast ein Jahr später erklärt die Rathauschefin, dass die Frage des Interimsstandorts „noch nicht abgeschlossen ist“, „es sind keine Verträge unterschrieben“. Erschwert worden sei die Suche nach einem Zwischenstandort durch die eingeschränkte Arbeitsfähigkeit während der Pandemie, durch vakante Stellen im Objektmanagement und in der Leitung der Serviceeinheit Facility Management und auch durch die Anforderungen an die neuen Räumlichkeiten. Denn das Ansinnen von Cerstin Richter-Kotowski ist, den gleichen Interimsstandort später während der jahrelangen Abriss- und Neubauarbeiten für den Großteil der 500 Männer und Frauen starken Besatzung des Rathauses zu nutzen. Das neue Quartier muss also über ausreichend Platz verfügen oder später vergrößert werden können.

„Wir sind deutlich weiter als im vergangenen Jahr, aber wir sind nicht fertig“, sagte die Bezirksbürgermeisterin am Montag. Die Kostenübernahme durch das Land ist noch nicht gesichert: „Ich brauche eine Bedarfsfeststellung durch die Senatsfinanzverwaltung auf die gesamte Anzahl des dann auszuziehenden Personals.“ Sie rechnet jetzt mit einer Personalanzahl von etwa 400; „alle Mitarbeiter inklusive die in Bauteil A [das ist der Altbau], werde ich da nicht unterkriegen“. Die Vorarbeiten des Bezirks müssten beim Senat „eigentlich abgegeben sein“. Erst wenn der grundsätzliche Bedarf von der Senatsfinanzverwaltung bestätigt und die Finanzierung des gesamten Umzugs gesichert sei, könne auch ein vorfristiger Teilauszug der Belegschaft aus den Bauteilen B und E erfolgen.

Erschwert wird der Auszug auch dadurch, dass der Neubau des Rathauses Zehlendorf vom Senat von 2023 auf das Jahr 2024 verschoben worden ist. Das provisorische Bezirksamt müsste länger angemietet werden als zunächst gedacht.

Das Versprechen vom letzten Jahr, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den mit Asbest belasteten Bauteilen in 2021 ausziehen können, „das werde ich nicht halten können“, so Cerstin Richter-Kotowski. Einen neuen Zeitplan gebe es noch nicht. Auch die Frage, ob die beiden Bauteile B und E doch noch einmal ertüchtigt werden können, steht im Raum. Sie sei mit Baustadträtin Maren Schellenberg im Gespräch: „Natürlich müssen wir auch gucken, ob wir durch bauliche Maßnahmen welcher Art auch immer noch weiter kommen.“ Fachlich falle die Angelegenheit in die Zuständigkeit der Baustadträtin.

Einen Trost gibt es für die Beschäftigten an der Kirchstraße: Anfang des Jahres seien noch einmal Messungen durchgeführt worden, „sie sind ohne Faserfund gewesen“, berichtet Cerstin Richter-Kotowski. Noch hält das Pflaster.

Text & Fotos: Boris Buchholz
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