Namen & Neues

Der Ukraine-Krieg und der Südwesten

Veröffentlicht am 31.03.2022 von Boris Buchholz

 

Der Krieg in Steglitz-Zehlendorfs Partnerstadt Charkiw: 70 Schulen, 50 Kindergärten und 15 Krankenhäuser sind vernichtet. In der ostukrainischen Millionenstadt Charkiw sind seit Beginn der russischen Angriffe nach ukrainischen Angaben fast 1180 mehrgeschossige Wohnhäuser zerstört worden. Außerdem seien mehr als 50 Kindergärten, fast 70 Schulen und 15 Krankenhäuser vernichtet worden, sagte der Charkiwer Bürgermeister Ihor Terechow am Montag nach Angaben der Agentur Unian. Diese Meldung stammt aus dem Tagesspiegel-Newsletter „Update“ zum Krieg in der Ukraine; Sie können ihn hier kostenlos abonnieren.

Ein Tag im Krieg – Ukrainerinnen und Ukrainer bloggen live. „Wir gehen jetzt raus und schauen, was über Nacht passiert ist“: Schon seit heute Morgen um 8 Uhr beschreiben sechs Menschen aus der Ukraine ihren Alltag im Krieg, der jetzt schon 36 Tage andauert. Mit dabei sind Olena Kravtchenko aus dem Ort Wladimirowka in der Nähe von Charkiw, direkt in der Partnerstadt von Steglitz-Zehlendorf wohnt Maria Avdeeva. Den Live-Blog finden Sie hier auf tagesspiegel.de – alle paar Minuten posten die sechs Bloggerinnen und Blogger ihre Erlebnisse an diesem Donnerstag. 9.24 Uhr, Olena Kravtchenko: „Unser Nachbar, der Tschernihiw verteidigt, wird seit dem 18. März vermisst. Mein Vater weint, wenn er an ihn denkt.“ 12.34 Uhr, Maria Avdeeva ist in der Charkiwer Wohngegend Saltivka unterwegs: „Vor dem Krieg lebten hier viele Familien mit ihren Kindern. Jetzt ist es eine verlassene Geisterstadt.“

Kinder aus der Ukraine: Bisher wurden 67 Kita-Gutscheine beantragt. „Aus unserer Sicht brauchen die Kinder etwas Ruhe, um mit der neuen Situation zurecht zu kommen“, sagte Jugend- und Gesundheitsstadträtin Carolina Böhm (SPD) dem Tagesspiegel. Die Kinder litten unter Trennungen von Familienangehörigen und den traumatischen Bildern aus ihrer Heimat. „Sobald dauerhafte Strukturen etabliert sind, hilft Kindern ein geregelter Alltag“, so die Stadträtin. Familien aus der Ukraine hätten bereits für 67 Kinder einen Kita-Gutschein beantragt. Aus Sicht des Gesundheitsamts sei es wünschenswert, „dass die Einschulungsuntersuchung für alle Kinder dem Schulbesuch vorgeschaltet ist, aus gesundheitlicher und entwicklungspsychologischer Sicht.“

Ab April: Die Volkshochschule bietet Integrationskurse für Geflüchtete aus der Ukraine an. Deutsch lernen und zugleich Deutschland kennenlernen – die Integrationskurse der Volkshochschule sind ab sofort auch für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine geöffnet. Der Direktor der Volkshochschule, Christian Steiner, freut sich, dass die VHS „damit einen wichtigen Beitrag zur schnellen Integration der Menschen aus der Ukraine leisten kann“. Ende April beginnen die neuen Kurse in Steglitz-Zehlendorf, die Teilnahme ist kostenlos. Die einzige Hürde: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer müssen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einen Antrag auf Zulassung stellen. Den Antrag finden Sie hier auf der Website bamf.de. Kontakt zur VHS kann per E-Mail an deutschkurse@vhssz.de oder telefonisch unter (030) 9 02 99-26 57 (dienstags und freitags von 8.30 bis 10 Uhr) aufgenommen werden.

Piratenpartei schlägt Ehrung für den Holocaust-Überlebenden Boris Romantschenko vor. Vor fast zwei Wochen wurde Boris Romantschenko in Charkiw, der Partnerstadt Steglitz-Zehlendorfs, bei einem russischen Angriff ermordet. Georg von Boroviczeny von der Piratenpartei schlägt nun in einer E-Mail an die Bezirksbürgermeisterin Maren Schellenberg (Grüne) vor, den 96-jährigen Bürger Charkiws kurzfristig zu würdigen: „Ist es dem Bezirksamt möglich, ganz kurzfristig zu Ehren von Boris Romantschenko eine Straße, einen Platz oder auch ein Haus zu benennen?“ Eine solche Ehrung wäre ein deutliches Zeichen „der Wertschätzung und auch der Ablehnung, des Abscheus vor der russischen Invasion und Kriegsführung gegen die Ukraine“, so der Piratenpolitiker. Eine Antwort der Bürgermeisterin liegt noch nicht vor.

Lankwitzer Bäcker-Innung beruhigt: „Keine Engpässe beim Mehl zu befürchten.“ Leere Mehl-Regale seien auf eine verstärkte Vorratshaltung zurückzuführen und nicht auf tatsächlichen Mangel, so die Innung in einer Pressemitteilung am Donnerstagmorgen. Aus der Seydlitzstraße, dort hat die Berliner Bäcker-Innung ihren Sitz, meldet sich Geschäftsführer Johannes Kamm: „Unser Bedarf an Mehl lässt sich innerhalb der EU zu 100 Prozent decken, die Preissteigerungen sind im Moment nicht auf Ressourcenknappheit zurückzuführen, sondern auf eine verstärkte Nachfrage.“ Einen „echten Engpass“ könne der Dachverband der Bäckerinnen und Bäcker nicht ausmachen. Gleichwohl erleben Bäcker wie Karsten Berning verunsicherte Kundinnen und Kunden in seinem Geschäft, „die sich Sorgen machen, ob sie auch morgen noch frisches Brot kaufen können oder ob die Preise plötzlich in die Höhe schießen“. Die Antwort der Innung lautet klar: Frische Brötchen und knackiges Brot werden Sie auch morgen kaufen können (und übermorgen) – „mit Sicherheit“.

Deutsche Schule oder Fernunterricht? Im Dreilinden-Gymnasium lernen 28 ukrainische Schülerinnen und Schüler. Meine Kollegin Saara von Alten hat das Gymnasium in Nikolassee besucht: Viele sind unsicher, ob sie sich noch um den Fernunterricht aus der Heimat kümmern sollen. Alles scheidet sich an der Frage: Wie lange wird Putin seinen zerstörerischen Angriffskrieg noch fortsetzen? Einige Ukrainer hoffen, dass sie vielleicht schon im Mai in ihre Heimat zurückkehren können, andere fürchten, dass es kein Zurück geben wird und sie sich auf ein neues Leben in Deutschland einstellen müssen. Den Bericht meiner Kollegin lesen Sie als T+-Text auf plus.tagesspiegel.de.

  • Über die aktuellen Entwicklungen im Krieg Russlands gegen die Ukraine berichtet der Tagesspiegel laufend im Newsblog. Auf der Themenseite finden Sie neben den Nachrichten zur russischen Invasion auch aktuelle Karten und Grafiken, um das Geschehen besser nachvollziehen zu können. Zur Themenseite geht es hier.