Namen & Neues
Sommerfest wird zum Gipfeltreffen der Umweltstadträt:innen: Mehr Klimapolitik gefordert
Veröffentlicht am 07.07.2022 von Boris Buchholz
Es waren gleich vier im Raum: Anke Otto (Umweltstadträtin von 2001 bis 2011), Christa Markl-Vieto (von 2011 bis 2016), Maren Schellenberg (2016 bis 2021) und Urban Aykal (seit Dezember 2021, alle Bündnis 90/Die Grünen). Das Sommerfest des Aktionskreises Energie (AKE), des bezirklichen Think-Tanks rund um Wärmedämmung, alternative Energiegewinnung und CO2-Einsparung, am vergangenen Freitagabend im Haus am Waldsee war nicht nur eine Ort der Vernetzung – es war auch ein Gipfeltreffen aller bisherigen Umweltdezernentinnen des fusionierten Doppelbezirks. Die Stadträte-Dichte war ein deutliches Signal: Seit Jahrzehnten wird an der Klimapolitik im Bezirk von den verschiedensten Akteuren mehr oder weniger emsig gefeilt. Doch es muss vehementer gehandelt werden.
Dass Umwelt- und Klimapolitik dicke Bretter sind, verdeutlichte Bezirksbürgermeisterin Maren Schellenberg in ihrem Grußwort. Als die Gas- und Ölkrise infolge des Angriffs Russlands auf die Ukraine begann, „bin ich erstmal in den Keller und habe die Heizung zwei Grad kälter gestellt“, sagte die Bürgermeisterin: „Das hätte ich auch schon früher machen können.“ Sie erinnerte daran, dass der Aktionskreis Energie vor 17 Jahren von der damaligen Umweltstadträtin Anke Otto mitbegründet worden sei. Nachhaltigkeit habe Einzug in die Bezirkspolitik gefunden, aber „es geht langsamer voran, als man es vor ein paar Jahren gedacht hat“. Die gute Nachricht sei: Es gehe überhaupt voran.
Im Herbst soll die Fassade des Zehlendorfer Rathausaltbaus saniert werden, „wir haben vor, die Fassade mit Hochleistungsdämmschutz zu versehen“. Im Publikum nickt Bernd Steinhoff, der grüne Fraktionsvorsitzende und Mitglied des Aktionskreises, fordert eine solche Dämmung seit Jahren. Maren Schellenberg kündigt an, zusammen mit den Berliner Stadtwerken auf fünf weiteren Schulen Photovoltaikanlagen zu installieren. Und: Sie plane, in der Serviceeinheit Facility Management – alle bezirkseigenen Gebäude werden dort verwaltet – einen „echten“ Energiemanager einzustellen.
„Ich muss den Klimaschutz vom Dach auf den Boden bringen – auch auf den Boden der Tatsachen“, zitierte Straßen-, Grünflächen- und Umweltstadtrat Urban Aykal in seiner Rede aus seiner Jobbeschreibung. Eine seiner Visionen sei es, die Grünanlagen und Grünzüge des Bezirks miteinander zu verbinden. „Eine Person, die von Steglitz nach Dahlem will, sollte zu 90 Prozent durch Grünflächen laufen.“ Er wünsche sich, in vier oder fünf Jahren sagen zu können: „Ja, wir sehen die Verkehrswende.“ Große Aufgaben, kleine Schritte.
Haltung ist gefragt. Der Vorsitzende des Aktionskreises Georg Schmid schwor die etwa 100 Gäste des Festes auf schwierige Zeiten ein. Zum einen suche die Bundesregierung nach Alternativen zu russischem Gas und Öl. Sie sei bereit, neue Abhängigkeiten einzugehen. Zum anderen wolle die Regierung den Ausbau erneuerbarer Energien vorantreiben. Doch das sei ein herausforderndes Unterfangen, so der AKE-Vorsitzende: „Die Nachfrage nach Photovoltaik für das eigene Dach und Wärmepumpenanlagen zum Heizen übersteigt das verfügbare Angebot.“ Es fehle an Energieberatungen, Planungsleistungen und Umsetzungskapazitäten im Handwerk. „Manche haben schon resigniert, halten das 1,5-Grad-Ziel für nicht mehr erreichbar, sehen schwarz für die Zukunft unserer Kinder“, sagte Georg Schmid. Andere würden sich die Hände reiben und „sich über den Reibach, der sich jetzt machen lässt“, freuen. Das sei allerdings wenig zielführend, das führe nicht weiter. Vielmehr gehe es jetzt darum, Verantwortung für eine nachhaltige Entwicklung in allen Bereichen zu übernehmen. „Dafür müssen wir Haltungen kultivieren, die uns unbeirrt und beharrlich an der Umsetzung der Klimaschutzziele arbeiten lassen. Darin liegen unsere wirklichen Chancen.“
Treiber für Nachhaltigkeit. Der Aktionskreis Energie ist mit dem Sommerfest und seinen vielen Veranstaltungen in den vergangenen 17 Jahren seiner Hauptaufgabe gerecht geworden: Nachhaltige Politik im Bezirk einzufordern, zu mahnen, zu informieren, den Fortschritten – wie groß sie auch sein mögen – eine Bühne zu geben. Und Mut zu und Lust auf mehr Klimapolitik zu machen. Eine Aufgabe, die in den kommenden Monaten und Jahren immer wichtiger werden wird; denn die Probleme nehmen zu und die Handlungsfenster schließen sich langsam.