Namen & Neues

Wahlhearing zum großen Neubauprojekt Lichterfelde-Süd: Aktionsbündnis (und Anwohnende) haben Fragen

Veröffentlicht am 19.01.2023 von Boris Buchholz

Der Entwurf des Bebauungsplans für den Neubau von Wohnungen und Reihenhäusern für etwa 6000 neue Bewohnerinnen und Bewohner am S-Bahnhof Lichterfelde-Süd lag bis Mitte September öffentlich aus, die Bürgerbeteiligung ist abgeschlossen. Seitdem werden im Stadtentwicklungsamt die eingegangenen 195 Einwände und Anregungen für das 39 Hektar große Areal ausgewertet, eingearbeitet, beantwortet und mit Fachstellen diskutiert.

Aktuell dauert dieser Abwägungsprozess noch an, eine sogenannte Abwägungsvorlage, in der alle Einwände bewertet und eventuelle Planänderungen mitgeteilt werden, hat Stadtentwicklungsstadtrat Michael Karnetzki (SPD) bisher der Bezirkspolitik noch nicht vorgelegt. Erst wenn das Bezirksamt die Abwägungen beschlossen hat, kann der Senat mit der Rechtsprüfung des Bebauungsplans beginnen. Ist sie erfolgt, wird der B-Plan 6-30 der Bezirksverordnetenversammlung zur Abstimmung vorgelegt. Stimmen die gewählten Volksvertreterinnen und -vertreter dem Plan zu, beschließt das Bezirksamt die Festsetzung des Bebauungsplans – und der Bauherr, die Groth-Gruppe, kann die ersten Bauanträge einreichen. „Wann der fertige B-Plan vorliegen wird, kann ich derzeit noch nicht sagen,“ sagte Stadtrat Karnetzki im November.

Die Bezirkspolitik ist also noch am Hebel, der Bebauungs-Drops ist noch nicht gelutscht. Erst nach der Wiederholungswahl am 12. Februar werden die Lokalpolitikerinnen und -politiker Nägel mit Köpfen produzieren. Deshalb lädt das „Aktionsbündnis Landschaftspark Lichterfelde Süd“ am kommenden Montag, 23. Januar, zum „Wiederholungswahlhearing“ ein. Ab 18 Uhr wird im Kieztreff in der Celsiusstraße 60 gefragt und geantwortet und sicherlich auch heiß diskutiert. Die Veranstaltung ist öffentlich sowie barrierefrei und kostenfrei zugänglich.

Der Tagesspiegel durfte schon vorab und exklusiv einen Blick in den Fragenkatalog der Bürgerarbeitsgemeinschaft werfen. Einige Themen sind alte Bekannte: Reicht die Kapazität der Hauptverkehrsstraßen für die zu erwartenden neuen Autofahrenden Richtung Innenstadt aus? Sind die Kreuzungen des Ostpreußendamms mit der Osdorfer, der Wismarer und Giesensdorfer Straße fit für die gebaute Zukunft (laut Gutachten von 2022 sind die Verkehrsknoten Ostpreußendamm/Giesensdorfer Straße und Ostpreußendamm/Wismarer Straße schon heute überlastet und werden es auch in Zukunft bleiben, sie sollten „dringend“ umgebaut werden)? Nach abgeschnittenen Frischluftschneisen für die Thermometersiedlung wird ebenso gefragt wie danach, ob der geplante neue Schulstandort vergrößert werden könnte, damit sich die Grundschule „in Zukunft weiter entwickeln kann“.

Es werden auch aktuelle Debatten aufgegriffen: An anderen Stellen der Stadt pochen Teile der Politik darauf, nur dort zu bauen, wo bereits versiegelte Fläche vorhanden ist – und keine neuen Orte zuzubetonieren. Die erneute Diskussion um die Großsiedlungen auf der Elisabeth-Aue im Norden Pankows und in Späthsfelde im Bezirk Treptow-Köpenick waren in den vergangenen Tagen Stadtgespräch (mehr hier auf Tagesspiegel Plus) – müsste nicht auch in Lichterfelde-Süd neu gedacht werden? Wird es an der Osdorfer Straße einen Radweg geben? Und was ist mit dem Weg, der zurzeit noch vom S-Bahnhof Lichterfelde-Süd zum Mauerweg führt? Sind künftig die Bewohnerinnen und Bewohner der Nachbarschaft von der Naherholung am alten Grenzstreifen abgeschnitten?

Laut Aktionsbündnis haben bisher Carolyn Macmillan (SPD), Mathia Specht-Habbel (FDP) und Franziska Brychcy (Linke) ihr Kommen zugesagt. Von CDU und Grünen liege noch keine Rückmeldung vor. „Wir sind gespannt, wer von den eigentlich für den B-Plan Verantwortlichen sich den Fragen der Bürgerinnen und Bürgern stellt“, schreibt das Bündnis.

Sicher ist: Wenn schon wieder gewählt wird, ist es erste Wählerpflicht zu prüfen, wem man seine Stimme gibt. Das „Wiederholungswahlhearing“ soll dieser Überprüfung dienen.