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„Hitzehilfe ist eine staatliche Aufgabe“: Interview mit der Diakonie-Chefin Ursula Schoen

Veröffentlicht am 22.06.2023 von Boris Buchholz

Am vergangenen Montag kam ein besonderer Gast zur Aktion Warmes Essen in die Zehlendorfer Paulusgemeinde: Der Sänger Frank Zander überreichte der Suppenküche, die von der gemeinnützigen milaa gGmbH getragen und von der Paulusgemeinde ermöglicht wird, einen Scheck über 3000 Euro (hier der Bericht). Zusammen mit Ursula Schoen (Foto in rot), der Direktorin des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, verteilte der Schlagerstar Tüten mit Wasserflaschen und Sonnenschutz. Die Botschaft: Hitzehilfe ist lebenswichtig.

Frau Schoen, heute wird hier an der Paulusgemeinde Wasser und Sonnenmilch ausgegeben. Warum?
Wir als Diakonie nehmen wahr, dass sich parallel zum Klimawandel neue Themen ergeben. Und von diesen Themen sind insbesondere Menschen betroffen, die keine feste Bleibe haben, und die dann den Hitzephasen hilflos ausgesetzt sind.

Wird es denn jetzt immer so sein, dass es beim Warmen Essen Sonnencreme und extra Wasser gibt?
Unser Thema heißt nicht mehr nur Kältehilfe, sondern Witterungshilfe. Ob es zu jeder Essensausgabe auch Sonnenmilch geben kann, bezweifele ich allerdings. Aber wir werden diese Angebote immer weiter ausbauen. Gerade bei frischem Wasser und kühlen Räumen können wir uns vorstellen, dass die Berliner und Brandenburger Kirchengemeinden eine wichtige Rolle spielen können.

Das heißt, Kirchengemeinden können sich an die Diakonie wenden und um Unterstützung bitten?
Selbstverständlich beraten wir alle, die sich in dem Bereich engagieren.

Beraten Sie oder schicken Sie auch Sonnencreme vorbei?
Na ja, Sonnencreme haben wir bei uns nicht im Keller lagern. Aber wenn eine Kirchengemeinde sagt, wir haben Interesse und Bedarf, dann vermitteln wir einen kompetenten Partner. Das kann ein diakonischer Verein oder auch ein großer Träger sein. Zahlreiche diakonische Einrichtungen engagieren sich seit Jahrzehnten in der Wohnungslosenhilfe. Hier können wir auch auf einen breiten logistischen Erfahrungsschatz zurückgreifen.

Müssen die Kirche und andere Organisationen in der Hitzehilfe für den Staat einspringen?
Es ist eine staatliche Aufgabe, die Bürgerinnen und Bürger vor Wärme zu schützen. Es ist schön, dass es Kirche und Diakonie gibt, und es ist schön, dass es eine große Hilfsbereitschaft gibt. Aber wir würden uns eigentlich ein Rahmenprogramm des Senats in Berlin wünschen, in dem dieses Thema sehr grundsätzlich geregelt wird. Wo können wir uns auf Politik verlassen? Wie sind die personellen und finanziellen Ressourcen organisiert? Da gibt es viele offene Fragen.

Ist es nicht auch etwas traurig, dass man jemanden wie Frank Zander braucht, um Aufmerksamkeit für die Hilfe für die Schwächsten der Gesellschaft zu erzeugen?
Es gibt unterschiedliche Ebenen, auf denen man Aufmerksamkeit erzeugen kann. Dass ein Frank Zander mit seiner langen Lebenserfahrung uns unterstützt, das ist einfach großartig. Es ist ein hoher Wert, wenn sich Menschen eine Aufgabe zu eigen machen und sagen: Dafür stehe ich! Insofern begrüßen wir jeden, der sich einbringt – auch mit seinem oder ihrem Gesicht.

  • Hitzeschutzplan veröffentlicht: Das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf hat für den Sommer 2023 Hitzeschutzplan beschlossen, er wurde jetzt auf der Webseite www.steglitz-zehlendorf.de/hitze veröffentlicht. Die acht Maßnahmen reichen von der Bildung von Alarmketten über die Schaffung weiterer kühler Orte bis zur Ausweitung der Refill-Stationen für Wasserflaschen. „Denken Sie an Ihren Gesundheitsschutz, trinken Sie ausreichend und suchen Sie zur Entspannung kühle Räume auf!“, schreibt Gesundheitsstadträtin Carolina Böhm (SPD) in einer Pressemitteilung am heutigen Vormittag.