Namen & Neues
Soll der Kranoldplatz umgestaltet werden? Zweimal Pro, zweimal Contra aus der Leserschaft
Veröffentlicht am 07.12.2023 von Boris Buchholz
Vergangene Woche dokumentierten wir die Position der Markthändler (hier zu lesen), die sich strikt gegen einen größeren Umbau des Kranoldplatzes aussprachen. Ich bat Sie um Ihre Meinung: Was wünschen Sie sich für den zentralen Platz in Lichterfelde-Ost? Allerdings machte ich Ihnen das Leben – und vor allem das Schreiben – schwer: In meiner E-Mail-Adresse hatte sich ein „s“ zu viel versteckt (Tagesspiegel schreibt sich mit drei „e“, aber nur mit zwei „s“). Dafür bitte ich um Entschuldigung (mit einem „s“). Trotz der postalischen Hürde sind einige Zuschriften zu mir durchgedrungen. Hier je zwei Meinungen pro beziehungsweise contra Umbau.
Pro – Leserin Dagmar Zipper wohnt in unmittelbarer Nähe des Kranoldplatzes. Sie schreibt: „Die Arroganz der Markthändler macht mich wütend. Ich hätte wirklich Lust, eine Kampagne in Lichterfelde-Ost zu starten, nicht mehr auf diesem Markt einzukaufen, damit die Herrschaften merken, wer ihre Kunden sind und dass ein Standplatz allein noch keinen Umsatz macht. … Vergleiche ich den Kranoldplatz mit dem Breslauer Platz in Friedenau, der umgebaut wurde und einen Markt hat, dann ist der Kranoldplatz eine Katastrophe und wird es offensichtlich auch bleiben. Der Breslauer Platz hat Aufenthaltsqualität zu jeder Zeit, sozusagen 24/7. Dort finden sich Bänke und Läden und Gastronomie, die zum Verweilen einladen. … Der Markt ist attraktiv, mit gutem Angebot an Lebensmitteln …
Es ist nicht zu glauben, wie die CDU ihr Fähnchen im Winde dreht. Ich kann mich erinnern, dass Frau Seibeld den Kontakt zu den Bürgerinnen und Bürgern gesucht hat und Unterstützung zum Umbau versprochen hat. Alles Schnee von gestern. … Den Kranoldplatz nicht umzubauen ist Politik der 60-er Jahre des letzten Jahrhunderts. Wir machen Autopolitik und sonst nichts. Der Rest der Bürgerinnen und Bürger und auch die Bedürfnisse der noch vorhandenen kleine Geschäfte werden ignoriert. …
Ich wünsche mir einen Platz, der dem Klimawandel trotzt, mit schattenspendenden Bäumen, einem durchlässigen Belag, Wasser und was es noch dafür braucht. Ich wünsche mir einen Platz, auf dem ich mich als Fußgängerin und Radfahrerin sicher bewegen kann. Ich wünsche mir einen Platz, der an jedem Tag der Woche attraktiv zum Verweilen einlädt.“
Contra – Ganz anders sieht das Leserin Ursula Kräh aus Lichterfelde. „Auf den Kranoldplatz gehe ich und meine Familie und meine Nachbarinnen zum Markt am Mittwoch oder Samstag. Ich parke im Lio und gehe das kurze Stück zum Markt. Jedes Mal freue ich mich über das wirklich besonders vielfältige Angebot der Markthändler, das bunte Treiben. Und habe die Möglichkeit, in den Geschäften rund um den Platz einkaufen zu können. Das schätze ich am Kranoldplatz, das ist für mich Lebensqualität, die ich auf keinen Fall missen möchte.
An den anderen Tagen brauche ich den Platz nicht. Ich würde mich da nicht aufhalten wollen, wozu? … Vor Jahren sind wir samstags auf den Markt Ludwig-Beck-Platz gegangen. Beim Beginn der Umbauarbeiten dort haben wir den Kranoldplatz entdeckt und sind seither begeisterte Marktgänger. Der Ludwig-Beck-Platz ist nach dem jahrelangen Umbau schön geworden, der Markt ist tot.“
Contra – Leser Frank Nero sorgt sich bei einem Umbau vor allem um die Parkplätze. „Fakt ist, wer schwere Pakete zur Post oder den anderen am Platz befindlichen Paketdienstleistern bringen will, freut sich, mal kurz gratis auf dem Platz parken zu dürfen, anstatt in einer Tiefgarage, die sehr teuer geworden ist, [zu parken] oder vom Lio Pakete schleppen zu müssen. Gleiches gilt für Arzt- oder Physiotherapietermine, wo man vielleicht mit dem Auto hin möchte…
Entfallen die Parkplätze, verliert Lichterfelde-Ost seine Attraktivität, sein Zentrum und die Läden verlieren ihre Kunden. Draußen nicht mehr bewirtet zu werden, hat Herr Huth [mit der Schließung des überdachten Ferdinandmarktes] bereits erreicht. Neue Bänke neben dem Verkehr versprechen keinen Ersatz, zumal man sein Getränk mitbringen müsste. Herrn Heese [der Markthändler meldete sich vergangene Woche zu Wort] ist zuzustimmen, dass ein Umbau in dieser Stadt eher Jahre als Monate dauern würde. Es gibt leider keine Ausweichflächen, wo sich der Markt vorübergehend abhalten ließe. Er wäre ebenso wie der frühere Ferdinandmarkt schnell am Ende.“
Pro – Dem widerspricht Leser Bruno Müller: „Die ablehnende Position der Markthändler zu einem Umbau des Kranoldplatzes ist nicht nachvollziehbar. Der Kranoldplatz dürfe nicht umgebaut werden, weil dann Kunden abwandern und nicht wiederkommen würden? An allen öffentlichen Plätzen und Straßen in Berlin gibt es immer wieder auch länger andauernde Baumaßnahmen. Sollten die Befürchtungen der Markthändler zutreffen, gäbe es in Berlin inzwischen wohl keine Wochenmärkte mehr. Nach meinem Kenntnisstand ist dem aber nicht so. Und wie sollte für den Fall eines ‚kleinteiligen‘ Umbaus zweimal wöchentlich zu den Markttagen die gesamte Marktfläche freigeräumt werden? Das ist so realitätsfern, da fällt es mir auch schwer, die Argumente der Markthändler ernst zu nehmen. …
An fünf ganzen und zwei halben Tagen ist der Platz für Fußgänger lediglich als Fußweg nutzbar, falls man sich denn zwischen parkenden und parkplatzsuchenden Autos hindurchschlängeln will. … Das Befahren der Fahrbahn ist für Radfahrer an der nördlichen Seite des Platzes oft lebensgefährlich, ebenso das Queren der Fahrbahn für Fußgänger an den angrenzenden Fußgängerampeln. … In diesem Zusammenhang möchte ich auf das Berliner Mobilitätsgesetz verweisen …: ‚Zur Erhöhung der Aufenthaltsqualität erfolgt insbesondere bei Neuanlage und grundlegender Umgestaltung geeigneter Straßen und Plätze die Nutzbarmachung als Orte der Begegnung, des Verweilens, der Erholung, der Kommunikation und des Spielens.‘“
Na, jetzt haben Sie frisches Denk- und Diskussionsfutter. Wenn Sie weitere und neue Gedanken rund um den Kranoldplatz haben, dann immer her damit – ich habe meine E-Mail-Adresse doppelt überprüft und sogar eine Test-Mail an mich gesandt (kam an): boris.buchholz@tagesspiegel.de.