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Das „Outpost“ ist geschlossen: Das Alliiertenmuseum kämpft um eine Sanierung und mit seiner Vermieterin

Veröffentlicht am 22.02.2024 von Boris Buchholz

„Wegen dringlicher Instandhaltungsarbeiten ist das Outpost Theater bis auf Weiteres geschlossen“, heißt es auf der Website des Alliiertenmuseums. Im denkmalgeschützten ehemaligen Kino der US-Truppen ist ein wesentlicher Kern der Dauerausstellung untergebracht – der Ausstellungsteil zu den Jahren 1945 bis 1950 ist seit Oktober nicht mehr zugänglich. Grund für die Schließung seien Mängel am Bau, sagt Museumsdirektor Jürgen Lillteicher dem Tagesspiegel: „Sie umfassen alle Gebiete des Gebäudes, Elektrik, Heizung, Bausubstanz, Schadstoffe, Sicherheit, Statik, Dächer etc.“ Das ehemalige Kino sei „in den 90-er Jahren mehr schlecht als recht für den Museumsbetrieb hergerichtet“ worden. Gebaut wurde das Outpost vor fast 72 Jahren.

Anfang Oktober musste eine neue Sicherheitsbeleuchtung installiert werden – bis heute ziehen sich die Bauarbeiten. „Wir wissen nichts über die Dauer der Maßnahmen“, sagt Jürgen Lillteicher. „Derzeit werden die Einzelmaßnahmen nicht koordiniert und dem Museum wird kein Zeit- oder Projektplan vorgelegt.“ Es sei nicht damit zu rechnen gewesen, „dass allein die Maßnahmen zur Installation einer funktionsfähigen Sicherheitsbeleuchtung jetzt fünf Monate andauern“. Von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, der Bima gehört das Gebäude, sei dem Museum ein Zeitraum von zwei Wochen mitgeteilt worden. Die langandauernde Schließung sei plötzlich gekommen, das Team habe das Museum nicht darauf vorbereiten können.

Der Museumsdirektor nennt die Zustände „untragbar“, für das Museum werde es immer schwieriger, „unsere Geschichte zu erzählen, nämlich, dass Demokratie und Freiheit auch verteidigt werden müssen und dass man dazu die Partnerinnen und Partner der westlichen Wertegemeinschaft benötigt“. Ein hochaktuelles Thema.

Aus Sicht des Museumsdirektors hat die Bima die Gebäude auf dem Museumsgelände zu lange vernachlässigt. „Daher sind die Mängel jetzt sehr umfangreich und erfordern große Maßnahmen.“ Er fechte einen Kampf mit seinem Vermieter aus: „Auch in der Nicholson-Bibliothek ist das Dach undicht und es dringt Wasser in die Ausstellungsräume ein und das nicht erst seit gestern.“

Eine Sprecherin der Bima bestätigt dem Tagesspiegel, dass für den Einbau der Sicherheitsbeleuchtung zunächst nur ein Zeitraum von zwei Wochen angekündigt worden war. „Aus Gründen, die ausschließlich im Bereich der ausführenden Firma lagen, kam es zu Verzögerungen.“ Doch, so die Bima, sei das Outpost schon am 21. Dezember wieder dem Museum übergeben worden. „Die verbleibenden Restarbeiten haben auch aus Sicht des Sachverständigen keine Relevanz für die Sicherheit der Mitarbeitenden und Besuchenden.“ Warum das Outpost nicht wieder geöffnet habe, wisse die Bima nicht.

„Natürlich weiß die Bima, dass noch erhebliche Mängel in dem Gebäude bestehen und dass sowohl bauordnungsrechtliche als auch Belange des Arbeitsschutzes und des Schutzes unsere Besucher:innen berücksichtigt werden müssen“, kontert Jürgen Lillteicher. Seit Dezember werde auch weiterhin an den Anlagen gearbeitet: „Das ist für mich keine Übergabe und kein Freizeichen für einen Weiterbetrieb!“ Das Hin und Her ohne Zeitplan schade dem Museum. Das Museum habe jetzt eigene Gutachter beauftragt, deren Stellungnahme wartet das Team ab. „Anfang März sollte aber Klarheit darüber bestehen, ob das Outpost öffnen kann.“ Er ergänzt: „Ich würde es mir nicht verzeihen, wenn Besucher:innen zu Schaden kommen.“

Am liebsten wäre es dem Museumsdirektor, wenn die Gebäude ordentlich saniert werden würden. Doch das wird wohl nicht geschehen. Zwar plane die Bima aktuell Sanierungsmaßnahmen zur Wahrung der Verkehrs- und Betriebssicherheit, heißt es aus der Bonner Behörde. Aber: „Aus wirtschaftlichen Gründen kann die Planung einer vollumfänglichen, grundlegenden Sanierung erst dann erfolgen, wenn sich die Beauftragte für Kultur und Medien und das Alliiertenmuseum für einen dauerhaften Verbleib des Museums am Standort Clayallee entscheiden sollten.“ Weil dazu keine Informationen vorlägen, habe man „auch in der Vergangenheit Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen auf die Wesentlichsten beschränkt“.

Im Klartext: Damit das Alliiertenmuseum in trockenen und angemessenen Räumen seine Ausstellungen zeigen kann, müssten die Umzugspläne an den Flughafen Tempelhof über den Haufen geworfen werden. Ein Zukunftsprojekt steht auf der Kippe: Während 2023 in das Museum an der abgelegenen Clayallee 61.092 Besucherinnen und Besucher kamen, wird am zentralen Standort in Tempelhof mit jährlich bis zu 350.000 Interessierten gerechnet. Nach den aktuellen Planungen soll das Alliiertenmuseum im Jahr 2034 in die Hangar-Halle sieben des ehemaligen Flughafens umziehen.

Die Frage der Sanierung sei völlig unabhängig von der Zukunft des Museums, argumentiert Jürgen Lillteicher. „Zunächst hat die Bima die Verpflichtung, uns als Mieter Gebäude zur Verfügung zu stellen, die für den Mietzweck ‚Museum‘ auch genutzt werden können.“ Dass die Zukunftspläne des Museums Auswirkungen auf die Investitionsbereitschaft seines Vermieters habe, sieht er: „Ich halte diese Haltung aber für nicht gerechtfertigt. Das Museum muss auch jetzt funktionieren. Wir zahlen eine Miete!“

Lohne sich denn auch ein Besuch, wenn das Outpost nicht zugänglich ist? „Auf jeden Fall“, ist der Museumsmann überzeugt. Aktuell würden verstärkt die Großobjekte auf dem Freigelände im Rahmen von Gruppenführungen präsentiert werden, für Einzelbesucher werde auch bald wieder das Luftbrückenflugzeug mehrmals pro Tag öffnen. Im Rahmen der Sonderausstellung zur letzten Grenze des Kalten Krieges in Korea zeige das Museum am 21. März eine Filmreihe, die sich mit der Geschichte und Gegenwart Koreas seit 1945 beschäftigt. Weil das Outpost geschlossen ist, hat das Museum im Zehlendorfer Bali-Kino cineastisches Asyl gefunden. „Wir wurden dort sehr freundlich aufgenommen!“ Und dann sagt Jürgen Lillteicher: „Wir lassen uns nicht klein kriegen.“ Es klingt entschieden.