Namen & Neues
Internationale Film-Akademie am Stölpchensee? Familie Wolffsohn macht Nutzungsvorschlag für ehemaliges Villengrundstück
Veröffentlicht am 29.08.2024 von Boris Buchholz
Auf dem Grundstück Kohlhasenbrücker Straße 40/40a könnte eine „Internationale Film-Akademie Berlin, Karl Wolffsohn“ entstehen. Das schlägt der Familienrat der Familie Wolffsohn in einem Schreiben an die Mitglieder des Haushaltsausschusses Steglitz-Zehlendorf in einem Schreiben vor. Der Brief liegt dem Tagesspiegel vor. Vorbild für die Filmakademie könnte die American Academy oder das Literarische Colloquium am Wannsee sein, heißt es. Voraussetzung für die Realisierung des Vorhabens sei es, dass das Land Berlin den Wolffsohns das Grundstück zurückverkauft (mehr lesen Sie hier).
1965 hatte die Familie das erst von den Nazis arisierte und dann 1954 zurückerlangte Areal dem Bezirk Zehlendorf unter Druck für 264.580 DM verkauft — weil das Amt dort eine Grünanlage errichten wollte. Sie wurde jedoch nie realisiert. Die Familie spricht von einer gefühlten „zweiten Arisierung“. Heute ist das Ufergrundstück bewaldet, es gehört zum Fachvermögen der Berliner Forsten.
Ein Ort für die Bürger. „Was Berlin den Berlinern gegenüber versprochen und nicht gehalten hatte, soll nun, angestoßen, doch nicht im Detail, von unserer Familie verwirklicht werden“, schreiben Rita und Michael Wolffsohn, Katrin Wolffsohn und Michael Leutert an das Bezirksparlament. An der Filmakademie solle in Zusammenarbeit mit der „unmittelbar benachbarten Filmstadt Babelsberg und / oder den Filmfestspielen Berlin“ eine „Lernwerkstatt Film“ entstehen. „Dies wäre zugleich ein erinnerungspolitischer Brückenschlag zum Filmpionier Karl Wolffsohn.“
Um die Filmakademie ins Leben rufen zu können, sei es sicher möglich „nationale und internationale Geldgeber“ zu gewinnen, so die Familie. So könnte das Land Berlin, „wenn überhaupt, finanziell nur gering belastet“ werden. Als Gründungsverantwortlichen für die neue Akademie schlagen die Wolffsohns einen „sowohl fachkundigen als auch integren“ alten Bekannten aus der Landespolitik vor: Ex-Kultursenator Klaus Lederer (Linke).
Anlass des Schreibens der Familie ist ein Antrag der FDP-Fraktion, den Rückkauf des Wolffsohn-Grundstücks zu ermöglichen. Das Bezirksamt solle sich gegenüber dem Berliner Senat dafür einsetzen, „den Erben des Kinopioniers Karl Wolffsohn … einen Rückerwerb dieses Grundstücks anzubieten, verbunden mit der Auflage der Garantie einer öffentlichen Zugänglichkeit zum See“. Der Antrag mit der Drucksache 1048/VI steht am 5. September auf der Tagesordnung des Haushaltsausschusses.
Die Familie strebe eine einvernehmliche Lösung an, betonen die Erben Karl Wolffsohns: „Konsens statt Konfrontation“, man wünsche sich Gespräche in diesem Geist. Die Wolffsohns schreiben in ihrem Brief übrigens auch, was sie am Ufergrundstück nicht vorhaben. „Wir wollen auf dem Grundstück keine Wolffsohn-Prachtvilla errichten.“
- Die ausführliche Geschichte: „Wie eine ‚zweite Arisierung’“: Gutachten zum Wolffsohn-Grundstück bescheinigt Berliner Bezirksamt „historische Ignoranz“. Als „bittere Verwaltungsgroteske“ bezeichnet der Historiker Thomas Brechenmacher den Umgang des Bezirksamts Zehlendorf mit dem Grundstück von Karl Wolffsohn am Stölpchensee. Was im Gutachten steht, lesen Sie hier.
- Fotos früher – heute: Familie Wolffsohn / Boris Buchholz