Namen & Neues
9. November: Wo an die Opfer der Pogrome gegen Juden und Jüdinnen erinnert wird
Veröffentlicht am 06.11.2025 von Boris Buchholz
Am 9. November 1938 brannten in Deutschland die Synagogen, wurden Menschen ermordet, jüdische Geschäfte demoliert. Zum Jahrestag der Nazi-Gewalt gegen Nachbarinnen und Nachbarn jüdischen Glaubens finden am kommenden Sonntag in Steglitz-Zehlendorf mehrere Veranstaltungen statt.
+++ Filmvorführung um 11 Uhr: Im Film „In den Seiten der Zeit – Ich leb so gern“ wird das Leben der jungen Berlinerin Gerda M. Meyer in den Jahren von 1929 bis 1948 nachgezeichnet. In Taschenkalendern notierte sie stichwortartig ihren Alltag als Verfolgte des Naziregimes. Ihre Urgroßnichte Ulrike Cordier fand diese Notizen, brachte sie in eine gedruckte Form. Es entwickelte sich ein Filmprojekt mit der Alice Salomon Hochschule in Berlin; Gerda war eine der ersten Schülerinnen der damaligen „Sozialen Frauenschule“ gewesen. Gedreht wurde an Originalschauplätzen im Berliner Südwesten, die Studierenden setzen die Ereignisse von damals in Zusammenhang mit ihrem Leben heute. Nach der Filmvorführung steht Ulrike Cordier für Fragen zur Verfügung. Ort: Stadtteilzentrum Villa Mittelhof, Königstraße 42-43, 14163 Berlin

+++ Verlegung von sieben Stolpersteinen um 12.45 Uhr: Vor der Schloßstraße 28, heute befindet sich dort unter anderem eine Fielmann-Filiale, werden Gedenksteine an die Mitglieder der Familie Gradenwitz erinnern, die dort seit 1904 gewohnt haben. Mutter Martha Gradenwitz starb 1942, Tochter Gertrud wurde in Auschwitz ermordet. Die Töchter Elsa und Herta flohen mit ihren Familien nach Bolivien. Organisiert wird die Verlegung der sieben Steine vom Evangelischen Kirchenkreis Steglitz; bei der Veranstaltung tragen unter anderem Schülerinnen und Schüler der Evangelischen Schule Steglitz die Lebenswege und Schicksale der Familienmitglieder vor.
+++ Kranzniederlegung um 15 Uhr: Die Bezirksverordnetenversammlung und das Bezirksamt erinnern an der Spiegelwand auf dem Hermann-Ehlers-Platz der Opfer der Pogrome. Bezirksbürgermeisterin Maren Schellenberg lädt alle Bürgerinnen und Bürger zum gemeinsamen Gedenken ein.

+++ Tagesspiegel-Leser Ernst Karbe lädt neben den Veranstaltungen zum dezentralen Innehalten ein – und dazu, die vielen bereits verlegten Stolpersteinen in der Stadt zu putzen. „Vielleicht liegt ja so ein Stein auch vor ihrem Haus“, schreibt er. Sein Tipp, falls ein Stein einmal sehr dunkel sein sollte: „Felgenreiniger!“ Gemeinsam mit Gleichgesinnten würde das Putzen gut von der Hand gehen, „und rasch sind die Steine wieder sehr ansehnlich“. Er lege dann noch eine Blume neben den nun wieder glänzenden Stein. Er plant, am 9. November um 13 Uhr in der Stierstraße Steine zu putzen; dort werden dann auch die Biographien der Opfer der NS-Herrschaft vorgelesen.
- Fotos: Kitty Kleist-Heinrich