Polizei
In der Fahrradstraße: Autofahrer greift Radfahrerin an
Veröffentlicht am 05.03.2020 von Boris Buchholz

In der Fahrradstraße: Autofahrer greift Radfahrerin an. Von einem tätlichen Angriff auf sie berichtete mir Newsletter-Leserin Julia Müller: Am Freitag, 27. Februar, sei sie um 16.45 Uhr mit dem Rad von der Feuerbachbrücke kommend in die Lauenburger Straße eingebogen. Die Geschichte spielt in Berlin-Steglitz, im bürgerlichen Südwesten der Stadt.
Es ist eine Fahrradstraße; Radfahrende haben Vorrang, Anliegerverkehr ist erlaubt. Im Abschnitt vor der Poschinger Straße sei ihr ein Auto in schneller Fahrt und „zu viel Platz einnehmend“ entgegengekommen: „Ich schaffte es, nicht am Lenker von dem Fahrzeug erwischt zu werden“, erinnert sich Julia Müller. Der Fahrer habe die Fensterscheibe auf der Fahrerseite heruntergekurbelt gehabt: „Fahrradstraße!“, habe sie ihm zugerufen. Für sie sei damit der Fall erledigt gewesen – sie fuhr weiter.
Es hupte, Reifen quietschten in der Ferne. Sie war schon fast am Lauenburger Platz angekommen, als sie jemanden rennen hörte: „Und bevor ich mir darüber Gedanken machen konnte, wurde ich plötzlich mitten aus meiner zügigen Fahrt brutal von hinten am Fahrradkorb gegriffen und mein Fahrrad zum Stehen gebracht (!) und sogar noch zurückgezogen!“ Ein junger Mann habe mit „ungeheurer Wut“ vor ihr gestanden, zwanzig Zentimeter von ihrem Gesicht entfernt. „Er brüllte mich an, beschimpfte mich unflätig und spuckte mir eine riesige Ladung Rotz auf Brille, Nase und Mund.“ Dann habe er sich umgedreht und sei zu seinem Auto, was wohl außer Sichtweite gestanden haben müsste, gerannt.
Ein Passant hatte das Geschehen beobachtet: Was sie erlebt hätte, sei hier Alltag, habe er ihr erklärt. Aber als Zeuge würde er, sollte sie Anzeige erstatten, nicht zur Verfügung stehen. Voller Wut über den feigen Angriff, den „uncouragierten“ Zeugen und die Politik, die „uns schwächere Verkehrsteilnehmer nicht vor den Starken verteidigt“, sei sie wieder auf den Sattel gestiegen.
Julia Müller ging später zur Polizei und zeigte den Autofahrer an – ihre Familie habe sie dazu gedrängt. Aufgenommen worden sei der Fall als schwerer Eingriff in den Straßenverkehr sowie Körperverletzung. „Die Polizei war sehr interessiert an der DNA des Täters, die ich liefern konnte“, schrieb sie mir. Und die Konsequenz aus der Geschichte: „Ich werde ab jetzt diese gefährliche ‚Fahrradstraße‘ meiden und sie den Autos überlassen.“ Stattdessen werde sie wieder über die Schloßstraße rollen, wo sie es mit Bussen, Lastwagen und Zweite-Reihe-Parkern zu tun bekomme. „Aber hier wird mir zumindest nicht die Illusion einer Straße vorgegaukelt, wo ich mit meinem Rad Vorrang haben soll.“ – Text: Boris Buchholz
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