Kiezgespräch
Veröffentlicht am 03.03.2022 von Boris Buchholz
Vielleicht kommen Ihnen leichte Zweifel, ob die laufenden Haushaltsberatungen des Lokalparlaments das richtige Thema für das Kiezgespräch sind. Ich finde: Sie sollten es sein. Denn vieles, worüber Sie sich in den kommenden zwei Jahren freuen oder sich im anderen Fall ärgern, wird in diesen Wochen entschieden – es geht schlicht um die Frage, wofür der Bezirk (und das Land) Geld ausgeben soll und wofür nicht.
Beispiel Parkraumbewirtschaftung. Im Kapitel 3400 „Ordnung im öffentlichen Raum“ steht es unter Titel 12109 schwarz auf weiß: Im Jahr 2020 haben Sie alle dadurch, dass Sie rund um die Schloßstraße einen Parkschein am Automaten zogen oder Ihr Smartphone zückten, für ein Plus von 710.599,47 Euro in der Bezirkskasse gesorgt. 2022 soll der Gewinn aus den elektronischen Parkuhren aber nur noch 649.000 Euro, 2023 sogar 596.000 Euro betragen. Werden die Parkraumbewirtschaftszonen des Bezirks kleiner?
Nein, aber die Parkautomaten werden immer älter. Insgesamt über eine Million Euro will das Ordnungsamt in diesem und im kommenden Jahr in neue und schlauere Automaten investieren. Das schmälert den Gewinn für den Bezirk. Denn, so erklärte es Amtsleiter Jan Voigt im Haushaltsausschuss, die über 90 Parkscheinautomaten wurden vor fast 22 Jahren angeschafft, es gebe keine Ersatzteile mehr. Besonders die Drucker seien störanfällig; aber auch die Gehäuse könnten nicht erneuert werden, „wenn ein Automat durch einen Unfall aus dem Verkehr genommen wird“. Auf ungläubige Nachfragen einiger Bezirksverordneten sagte der Chef des Ordnungsamts: „Für einen Staubsauger, der 20 Jahre alt ist, werden Sie auch keine Ersatzteile mehr kriegen.“
Hinzukommt ein Wartungsproblem: Der aktuell eingesetzten Automaten-Generation kann nicht per Mausklick eine Tarifveränderung einprogrammiert werden, eine Fernwartung gibt es nicht. Ändern sich die Bewirtschaftungszeiten oder die Höhe der Parkgebühren, muss jeder einzelne Automat besucht und per Hand angepasst werden. Auch deshalb wären neue Geräte wichtig, so das Ordnungsamt. Erst soll die Parkzone 24 zwischen Schildhorn- und Albrechtstraße modernisiert werden. Es ist geplant, dann die dortigen 34 alten Automaten als Ersatzteillager für die anderen Geräte aus dem Jahr 2000 zu nutzen – bis auch sie ausgetauscht werden. Übrigens: Die Parkplätze unter der Autobahn in der Düppelstraße sind für die Bezirkskasse am einträglichsten – hoch frequentiert steuern sie alleine 20 Prozent der Parkeinnnahmen bei.
Eine Ausweitung der Parkraumbewirtschaft plant Verkehrsstadtrat Urban Aykal (Grüne) nicht. Er will abwarten, wie sich das Pilotprojekt von Friedrichshain-Kreuzberg und Mitte entwickelt: Dort wird geprüft, ob eine automatisierte Parkraumüberwachung durch ein Kamera-Auto möglich und zuverlässig ist. Der Vorteil: Weder Automaten noch eine große Anzahl an Mitarbeitenden wäre mehr nötig – und schneller ginge das Verfahren auch noch. Einen T-plus-Beitrag über den Versuch lesen Sie hier auf plus.tagesspiegel.de. „Wir würden viel sparen, Zeit und Kosten“, sagte der Stadtrat. Aber ob die neue Technik 2024 oder erst 2028 oder noch später verfügbar sei, stehe in den Sternen.
Für Torsten Hippe, Haushälter und Fraktionsvorsitzender der CDU, stellte sich sofort die Automaten-Sinn-Frage: Wenn die automatisierte Erfassung in Kürze käme, dann bräuchte man auch keine neuen Automaten, denn die halten ja anscheinend zwanzig Jahre – der Bezirk könnte auf die Millionen-Investition für moderne Ticket-Drucker verzichten. Worauf der Linke Dennis Egginger-Gonzales dem Kollegen unterstellte, dass die CDU wohl ganz froh wäre, wenn durch die Nicht-Investition der eine oder andere Automat den Geist aufgeben und das Parken de facto gratis würde.
Was sagen Sie: Sollen neue Automaten angeschafft werden? Und sollen die Parkraumbewrtschaftungszonen ausgeweitet werden? Wenn ja, warum und wo? Schreiben Sie mir Ihre Meinung: Ich höre Ihnen unter boris.buchholz@tagesspiegel.de zu.