Nachbarschaft
Veröffentlicht am 23.05.2019 von Boris Buchholz

Es war seine Idee: Der Steglitzer Lukas Wirths hat zusammen mit Gleichgesinnten das Schulprojekt „Kunst gegen Mauern“ gegründet. Künstlerisch soll an den Fall der Mauer vor bald 30 Jahren erinnert werden. Der Schirmherr des Schulprojekts ist Ralf Wieland (SPD), der Präsident des Abgeordnetenhauses.
Herr Wirths, welche Idee steckt hinter dem Projekt „Kunst gegen Mauern“? Leute kommt zusammen, seid gemeinsam kreativ für eine Welt ohne Mauern – das ist unsere Botschaft. Ihr seit die Mehrheit, zusammen habt ihr die Macht. Wir leben im 21. Jahrhundert, wir brauchen keine Kriege oder Anfeindungen mehr, wir brauchen soziale Gerechtigkeit, Frieden, Bildung und eine Zukunft, die aus der Vergangenheit gelernt hat.
Schüler bemalen Mini-Mauerstücke, das ist der Kern des Projekts. Wieviel Mauer-Stress haben Sie und wieviele Mini-Mauer-Meter haben Sie schon geschaffen? Bis jetzt sind über 600 Meter Mauer-Miniaturen entstanden. Zur Zeit laufen die Vorbereitungen für die Produktion der circa 1.200 Miniaturen für Steglitz-Zehlendorfer Schüler, die zum 30. Jubiläum am Projekt teilnehmen werden. Wo die Miniaturen hergestellt werden, wird sich noch zeigen. Erstmal werde ich die Formen für die Gießkeramik anfertigen und dann weitersehen. Vor fünf Jahren – zum 25. Jubiläum – habe ich mit der Unterstützung eines Freundes über 10.000 Miniaturen an wechselnden Orten selber gefertigt. Angefangen in der eigenen Wohnung, dann in der Wohnung eines Freundes, der umgezogen war und dessen alte Wohnung wir innerhalb der Kündigungsfrist nutzen konnten. Zwischenzeitlich waren wir sogar in einer Bankfiliale, die nach einem Raub mit Sprengstoffeinsatz schwer beschädigt und geschlossen war.
Wieviele Schulen aus Steglitz-Zehlendorf machen denn aktuell mit? Es sind vier. Die eine oder andere wird noch dazukommen. Außerdem hat das Projekt dieses Jahr seinen internationalen Start. Bis jetzt sind Schulen aus Mexiko, der Slowakei, Frankreich und Nicaragua angemeldet.
Der Verein „Kunst.Raum.Steglitz“ hat um Spenden geworben und eine Patenschaft für eine Klasse aus dem Südwesten übernommen. Ist für das Projekt ausreichend Geld vorhanden? Wir sind noch auf der Suche nach Sponsoren für Steglitz-Zehlendorf und hoffen auf Unterstützung durch viele kleine Spenden von Einzelpersonen, aber auch die Unterstützung von ansässigen Unternehmen, die mindestens einer Klasse die Teilnahme ermöglichen.
Sie sagen auf Ihrer Website, dass Berlin prädestiniert sei, „als gutes Beispiel im Umgang mit Mauern voranzugehen“. Da hätte ich jetzt gerne für junge und ältere Leserinnen und Leser eine kurze Erläuterung … Die Berliner Mauer stand für Ausgrenzung und Feindschaft, sie war das Symbol des Kalten Krieges zwischen USA und UDSSR und auf der ganzen Welt bekannt. 1989 hatten viele Menschen die Schnauze voll von einem System, dass ihnen ihre Freiheit entzieht; sie haben dieses System und die Mauer frühzeitig zu Fall gebracht. Die Mauersegmente, die in der ganzen Welt stehen, sind Mahnung, aber auch Hoffnungsträger. Berlin hat gezeigt, dass Unterdrückung und Ungerechtigkeit durch Zusammenhalt und ohne Gewalt besiegt werden kann. Deshalb halte ich die Geschichte um den Fall der Berliner Mauer für wegweisend und wertvoll für die Zukunft. Wenn man sich nur die Tendenzen zur Isolation von Staaten in Europa und den von Trump geplanten Mauerbau an der Grenze zu Mexiko anschaut, sollten wir uns alle zusammen darauf besinnen, dass das nicht positiv enden wird, und gemeinsam dafür sorgen, dass besonders die Mauern in unseren Köpfen verschwinden.
Was passiert eigentlich mit den bemalten Mauerstücken? Kann man sie zum 30. Jahrestag des Mauerfalls in Steglitz-Zehlendorf bewundern? Es gibt bereits verschiedene Ideen bezüglich der öffentlichen Präsentation. Wir werden nach den Sommerferien gemeinsam mit den teilnehmenden Schulen entscheiden, welche am passendsten ist beziehungsweise welche wir gemeinsam umsetzen können. Auf jeden Fall wird man die Ergebnisse auf der Projektwebseite anschauen können.
Wer soll hier als nächstes vorgestellt werden? Sie selbst? Jemand, den Sie kennen? Wir freuen uns auf Ihre Vorschläge unter: boris.buchholz@tagesspiegel.de