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von Sigrid Kneist

Veröffentlicht am 09.06.2020

Beschwerden über die Erreichbarkeit – besser die Nicht-Erreichbarkeit – der verschiedenen Ämter erreichen meine Kollegen und mich ständig – egal ob es sich um das Jugend-, Bürger- oder Sozialamt handelt. Immer wieder gibt es Klagen über stundenlanges Warten in Telefonwarteschleifen oder die Unmöglichkeit, einen persönlichen Termin im Rathaus zu bekommen. Die Einschränkungen in der Coronazeit verschärfen das Problem. Insofern ist die E-Mail einer Leserin, die mich jetzt erreichte, beispielhaft. Zwei Woche  lang gelang es ihr nicht, weder telefonisch noch bei einem persönlichen Besuch im Rathaus Tempelhof einen Ansprechpartner im Sozialamt für ihr Anliegen in Sachen Grundsicherung zu finden.

Wie kann sie tun? Das habe ich Sozialstadtrat Matthias Steuckardt (CDU) gefragt, der jetzt seit etwas mehr als 100 Tagen im Amt ist. Auch ihn erreichen immer wieder Klagen, dass das Amt schwer zu erreichen sei, antwortet er. „Tatsächlich ist insbesondere die telefonische Erreichbarkeit der Ämter im Land Berlin auch aus meiner Sicht noch nicht zufriedenstellend gelöst“, sagt Steuckardt. Die Gründe seien vielfältig: „Nicht zuletzt trägt natürlich der Personalmangel, der bekanntermaßen in allen Ämtern und Behörden im Land Berlin vorhanden ist, dazu bei, dass gerade die telefonische Erreichbarkeit nicht immer gewährleistet ist.“ Mit Beginn der Pandemie sei der Präsenzbetrieb im Sozialamt nicht eingestellt worden, sondern auf Notfälle beschränkt worden. Als solcher gilt beispielsweise, wenn man auf Bargeldleistungen angewiesen ist. Die Regelungen können Sie hier nachlesen: berlin.de

Das rät der Stadtrat. Steuckardt empfiehlt, sich schriftlich an das Amt beziehungsweise direkt an die entsprechenden Sachbearbeiter zu wenden und um einen Rückruf zu bitten. Wichtig sei, dass ein Brief direkt als Adressaten auch das Sozialamt und nicht nur das Bezirksamt nennt. Gleiches gelte bei einem Schriftverkehr via E-Mail (sozialwesen@ba-ts.berlin.de). „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind angewiesen, die Bitte um einen Rückruf zu erfüllen“, sagt Steuckardt.

Und wie schaut’s bei den Bürgerämtern aus? Auch hier ist der Präsenzbetrieb weiter eingeschränkt. Inzwischen gibt es zwar wieder die Möglichkeit, eine begrenzte Zahl von Terminen online zu buchen. Ein Blick auf das Onlineportal macht allerdings nicht viel Mut: Nur wenige Daten sind freigeschaltet, und die sind alle vergeben. Alternativ kann man Termine telefonisch unter 115 oder 030/90277-7111 oder per E-Mail buergeramt@ba-ts.berlin.de vereinbaren. Verschiedene Leistungen, wie die Beantragung eines Anwohnerparkausweises oder einer Melderegisterauskunft, können auch online abgewickelt werden. Infos finden Sie hier: berlin.de

Öffnungszeiten ausweiten. Das fordert die CDU-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV). Angesichts der zu wahrenden Abstandsregelungen seien im Bürgeramt weniger Mitarbeiter anwesend. „Es ist mir unerklärlich, warum in dieser besonderen Situation, in der wir uns gegenwärtig befinden, die Öffnungszeiten in den Bürgerämtern so starr bleiben, obwohl so weniger Kunden bedient werden können“, sagt der CDU-Fraktionsvorsitzende Daniel Dittmar weiter.

Mit flexibleren Lösungen könne diese schwierige Situation gemildert werden. So könnten die Öffnungszeiten insgesamt ausgeweitet und auch an Samstagen, wie in anderen Bezirken seit langer Zeit üblich, Termine in den Bürgerämtern angeboten werden. Das könne „den Dienstbetrieb in den Bürgerämtern entzerren“, sagte Dittmar. Bereits im vergangenen September hatte die CDU – wie hier berichtet – einen Prüfauftrag für das Bezirksamt beantragt, der auch im November beschlssen wurde. Der bis Januar geforderten Bericht des Bezirksamts liege immer noch nicht vor. In der BVV in der kommenden Woche will die Union das Thema erneut auf die Tagesordnung setzen.

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Sigrid Kneist arbeitet seit 1990 als Redakteurin in der Berlin-Redaktion des Tagesspiegels. Mitte der neunziger Jahre hätte sie sich nicht vorstellen können, dass sie wenig später aus dem Kreuzberger Graefekiez nach Mariendorf ziehen und dort bis heute bleiben würde. Wenn Sie Anregungen, Kritik, Wünsche, Tipps haben, schreiben Sie ihr bitte eine E-Mail an leute-s.kneist@tagesspiegel.de

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+++ Diese Woche mit folgenden Themen:

  • Kein Abnehmen unter dieser Nummer: Die Unerreichbarkeit der Ämter
  • Schlager für Senioren: Norbi Wohlan macht Hofkonzerte in Pflegeheimen
  • Wie weiter mit der U6? Keine Verlängerung geplant
  • Leben in der Beletage: Einblicke einst und jetzt
  • Endlich wieder mit Publikum: Die Ufa-Fabrik bespielt ihre Freiluftbühne