Ende November 2018 berichtete ich hier das erste Mal über Versuche, die Bezirksverordnetenversammlung familienfreundlicher zu gestalten. Sitzungszeiten bis in den sehr späten Abend hinein waren keine Seltenheit. Der Grünen-Bezirksverordneten Annabelle Wolfsturm reichte es; sie postete damals auf Facebook, dass sie einen entsprechenden Antrag einbringen wolle: „Die Sitzungen beginnen UND enden pünktlich. Das Sitzungsende ist auf 21 Uhr festzulegen.“ In einem ehrenamtlichen Feierabendparlament müsse zielorientiert gearbeitet werden. Im Dezember 2018 stellten die Grünen zunächst einen Antrag zu Kinderbetreuung während der Sitzungen; im Januar 2019 legten sie nach und brachten einen Antrag ein, durch Änderung der Geschäftsordnung einen zügigeren und effektiveren Ablauf der BVV zu erreichen.

Nichts geblieben. Der Antrag war einigermaßen appellatorisch gehalten. Das Ziel: Die BVV soll ein Verfahren finden, wie eine Schlusszeit von 21 Uhr verbindlich festgelegt werden könne. Damit hätte man eine BVV-Dauer von vier Stunden, da die Sitzung in der Regel um 17 Uhr beginnt. Im Laufe der Beratungen wurde dieser Antrag zunächst durch eine andere Vorlage ersetzt. Aber in der vergangenen Woche beschloss die BVV dann, den Antrag nicht weiterzuverfolgen. Man ist also wieder an Punkt Null angekommen.

Und nun? Pandemiebedingt war zumindest bei der vergangenen Sitzung um 21.30 Uhr Schluss. Um das Infektionsrisiko zu minimieren, wurde in drei Blöcken mit zwei Unterbrechungen getagt. Und solange diese Regeln aufgrund von Corona notwendig sind, wird es wohl auch nicht viel länger dauern. Die Macht des Faktischen ist also weiter als die Kraft des Politischen.

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Sigrid Kneist arbeitet seit 1990 als Redakteurin in der Berlin-Redaktion des Tagesspiegels und lebt seit mehr als 20 Jahren in Mariendorf. Wenn Sie Anregungen, Kritik, Wünsche, Tipps haben, schreiben Sie ihr bitte eine E-Mail an leute-s.kneist@tagesspiegel.de

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