Kultur
Ein buntes Gesamtkunstwerk: Eine fünfköpfige Künstlergruppe ist und macht "Volkstata"
Veröffentlicht am 01.06.2021 von Sigrid Kneist
Die Entscheidung Anfang des Jahres war ganz schön mutig, Damals beschlossen die beiden Künstlerpaare Ulrike und Günther-Jürgen Klein sowie Achim Krämer und Robert Farrar, dass sie im Sommer und Herbst drei Monate lang die Räume der kleinen Galerie Zwitschermaschine in der Potsdamer Straße bespielen wollen. Mit Kunst, Ausstellungen, Streams, Performances, Theater, Musik. Der New Yorker Künstler Win Knowlton, der noch nicht so lange in Berlin lebt, stieß dazu.
Was wird möglich sein? Damals – der strenge Lockdown war Mitte Dezember verhängt worden – war überhaupt nicht absehbar, was im Sommer möglich sein würde. Kann man überhaupt vor Publikum spielen, oder müssen die Vorstellungen gestreamt werden, können Besucher sich die Kunst direkt in der Galerie anschauen oder nur bei einem digitalen Rundgang? Diese Fragen standen im Raum. Ein echtes Wagnis. Aber die fünf nahmen die Aufgabe an, die Idee vom Volkstata 2021 umzusetzen. Sie nennen sich als Künstlergruppe Volkstata, und auch das Projekt heißt so. Der Name erinnert nicht von ungefähr an Dada und Volkstheater, Volkstata ist quasi eine Symbiose aus beidem. „Dada hat viel mit uns zu tun“, sagt Ulrike Klein. Das Überschreiten traditioneller künstlerischer Grenzen gehört hier zum Programm. Zur Realisierung des Projekts beantragte die Gruppe eine Förderung bei der dezentralen Kulturarbeit des Bezirks und erhielt sie auch. Das war zumindest finanziell eine Hilfe und Unterstützung.
Die Künstlergruppe. Alle fünf Mitglieder kommen aus ganz unterschiedlichen Richtungen. Ulrike Kleins Metier ist eigentlich die Regiearbeit, vor allem bei Live-Events, ihr Mann Günther-Jürgen Klein ist Maler; die beiden leben und arbeiten seit 25 Jahren im Winterfeldt-Kiez. Eins ihrer gemeinsamen, kunstübergreifenden Projekte heißt „Die Vampyrlady sah nicht immer so scheiße aus“. Es ist ein Zyklus; seine dritte Episode haben Ulrike und Günther-Jürgen Klein bereits vor drei Jahren in der Zwitschermaschine präsentiert. Achim Krämer ist Performer, und der aus London stammende Robert Farrar ist Autor und Musiker; beide bilden mit viel Spaß und Lust an der Verwandlung das Band-Duo „Cheechees“, das Stücke unter anderem von Blondie oder Britney Spears covert. Der Amerikaner Wil Knowlton ist von Hause Bildhauer.
Übergreifende Arbeit. Bei Volkstata heißt das aber nicht, dass alle auf ihr Genres beschränkt sind. Ihr Projekt soll ein „holistisch-dadaistisches Kunst-Festival“ werden, ein multi-disziplinäres und digital-vernetztes Gesamtkunstwerk. Hochkultur und Kitsch stehen gleichberechtigt nebeneinander. Performances kombiniert mit bildender Kunst , Popkonzerte, Lesungen und Kurzformen der TV-Unterhaltung. Alles soll gleichermaßen live wie auch digital zu erleben sein. Und die fünf bestreiten das umfangreiche Programm nicht alleine. Sie haben sich Künstler und Künstlerinnen eingeladen, in insgesamt 14 Ausstellungen für wenige Tage ihre Werke zu zeigen oder in der Zwitschermaschine aufzutreten. Es gibt eine Burlesk-Woche, ein Volkstata-TV, eine Show wie „Tea und Tarot“. Und eine Daily Soap namens „Mist! On the Fjords“ mit jeweils drei- bis fünfminütigen Folgen. All das findet in einer Kulisse von Großzeichnungen statt, die die Wände der Galerie komplett verkleiden.
Die Idee. Auf einem Kostümfest an einem Karnevalssamstag, das Achim Krämer und Robert Farrar vor zwei Jahren ausrichteten, entstand die Idee, einmal gemeinsam zu arbeiten, ein großes Projekt zu realisieren. Gemeinsam ist ihnen eine kulturelle Sozialisation und Jugend in den siebziger Jahren, die starken Einfluss hatte und sich in den unterschiedlichsten Formen in der eigenen Kunst wiederfindet. „Wir berufen uns gleichermaßen auf Blaubart wie auf Rocky Horror, auf Caspar David Friedrich wie auf die Muppet-Show, auf Kleopatra wie auf Inge Meysel“, heißt es in einer Beschreibung von Volkstata. Humor und Spaß gehören auf jeden Fall dazu. Ulrike Klein spielte etwa in der von Robert Farrar geschriebenen Gothic Comedy „The Picture of Lady Barbara“, einer wilden Mischung aus Daphne du Mauriers Rebecca mit der Legende von Baron Blaubart. Hier gibt’s einen Trailer zu sehen.
Das Programm. Volkstata wird in zwei Teilen zu erleben sein. Zunächst vom 17. Juni bis zum 18. Juli und dann vom 1. September bis 31. Oktober. Zwitschermaschine, Potsdamer Straße 161, montags bis sonntags 12 bis 22 Uhr.