Namen & Neues
Zukunft des Geisterhauses in Friedenau
Veröffentlicht am 18.06.2019 von Sigrid Kneist
Seit mehr als 15 Jahren steht das Gebäude am Gardeschützenweg in Steglitz-Zehlendorf leer, im Inneren türmen sich Müll und Dreck. Jetzt hat der Bezirk gemeinsam mit der Senatsstadtentwicklungsverwaltung beschlossen, das Treuhändermodell gegen Leerstand und Zweckentfremdung zu erproben. Dieses sieht vor, Eigentümer übergangsweise zu enteignen, um die Wohnungen wieder der Nutzung zuzuführen. Auch in Friedenau steht seit vielen Jahren ein Wohngebäude leer und verfällt immer weiter. Es ist bekannt als das „Geisterhaus“ an der Odenwaldstraße. Bei der dortigen Anwohnerinitiative regt sich schon seit geraumer Zeit Kritik am Bezirksamt und der zuständigen Ordnungsstadträtin Christiane Heiß (Grüne), dass nichts passiert und das Haus weiterem Verfall preisgegeben ist.
Heiß teilte auf meine Anfrage jetzt mit, dass der Friedenauer Fall nicht eins zu eins mit dem Haus in Steglitz-Zehlendorf zu vergleichen sei. Das Treuhändermodell ziele vor allem auf verwahrloste Wohnungen, die mit angemessenem baulichen Aufwand wieder bewohnt werden könnten. „Dies trifft für das Gebäude Odenwaldstraße weder faktisch noch rechtlich zu. Dieses Gebäude ist vom Dach über alle Ver- und Entsorgungsleitungen bis zu tragenden Balken, Fenster und Türen gravierend beschädigt. Es ist nicht bewohnbar und auch baulich derzeit nicht sicher“, heißt es in der Antwort der Stadträtin. „Das Haus steht bereits so lang leer, dass hier eine Zweckentfremdung im Sinne des Gesetzes nicht sicher vorliegt. Die Frage, ob auch rückwirkend für Leerstände vor 2014 eine Zweckentfremdung vorliegt und geahndet werden kann, liegt dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vor.“
Man erwarte das Urteil „mit Ungeduld, da von ihm auch weitere mehrere 100 Fälle gewerblich genutzter Wohnungen im Bezirk abhängen, deren Rechtsverfahren derzeit von dem Verwaltungsgericht Berlin ausgesetzt sind“. Vom Ausgang hänge auch ab, ob in der Odenwaldstraße ein Treuhänder beauftragt werden kann. „Wir werden sowohl den Fortschritt des Modellverfahrens in Steglitz-Zehlendorf, als auch den Fortschritt des Klageverfahrens aufmerksam verfolgen, um gegebenenfalls auch in unserem Bezirk rasch reagieren zu können“, teilte Heiß mit.
Sie äußerte Verständnis für die Ungeduld der Anwohnerinitiative an dem schleppenden Verfahren, allerdings könne das Bezirksamt „nicht ohne klare rechtliche Grundlage handeln“. Das gelte insbesondere für komplizierte, besonders stark verwahrloste Gebäude, bei denen mehrere Millionen Euro Bausumme, die aus Steuergeld in privates Eigentum investiert werden sollen, in Frage stehen.
Heiß wies zudem daraufhin, dass der Bezirk bei der Bekämpfung der Zweckentfremdung nicht untätig sei und als Pilotbezirk ein rechtliches Verfahren gegen Airbnb angestrengt habe, um für 751 Wohnungen die Auskunft zu den Anbietern dieser Objekte als Ferienwohnung zu bekommen. Über das Friedenauer Geisterhaus wird auch am Mittwoch bei der Bezirksverordnetenversammlung diskutiert werden.