Namen & Neues
Verfolgt, vertrieben, ermordet
Veröffentlicht am 21.01.2020 von Sigrid Kneist
„Wir waren Nachbarn“ ist eine Ausstellung im Rathaus Schöneberg, die gleichzeitig Gedenkstättencharakter hat. Sie erinnert an all die jüdischen Menschen, die im Bezirk Tempelhof-Schöneberg einst lebten und von den Nazis verfolgt, vertrieben, ermordet wurden. In der Ausstellungshalle liegen auf langen Tischreihen rund 150 Mappen mit den Biografien aus. Sie enthalten Bilder und Ausschnitte von Dokumenten, erzählen die Geschichte. Sie bringen einem das Leben der Menschen nahe, die in Nazi-Deutschland keinen Platz mehr haben durften. Prominente wie der Fotograf Helmut Newton, der Physiker und Nobelpreisträger Albert Einstein, die Sänger der Comedian Harmonists, die Dichterin Mascha Kaléko, die Schriftstellerin und Nobelpreisträgerin Nelly Sachs sind darunter; aber eben auch ganz viele normale Schicksale wie das der jungen Doris Kaplan (siehe Rubrik „Nachbarschaft“ in diesem Newsletter).
6200 Namen auf Karteikarten. An den Wänden der Ausstellungshalle hängen rund 6200 Karteikarten mit den Namen der aus den früher eigenständigen Bezirken Schöneberg und Tempelhof deportierten Juden. Dies hatte in den achtziger Jahren Andreas Wilcke übernommen, der als Beamter Zugang zu den Deportationsakten der Oberfinanzdirektion hatte. Auf den Karteikarten notierte er handschriftlich 6000 Namen von Schöneberger Juden, die einst Nachbarn waren. Nach der Bezirksfusion wurden später auch die Namen aus Tempelhof nachgetragen, diesmal allerdings maschinell. Dort lebten aber bedeutend weniger Juden als in Schöneberg; 200 Menschen wurden den Akten zufolge von Tempelhof aus deportiert.
Programm. Auch Lesungen und Filmvorführungen werden angeboten. Außerdem steht die Ausstellung jedes Jahr unter einem bestimmten Motto, das in diesem Jahr lautet: „Nicht kampflos – die vielfältigen Formen jüdischen Widerstands“. Rathaus Schöneberg, Montag bis Freitag 10 bis 18 Uhr. wirwarennachbarn.de