Namen & Neues

Hatun Sürücüs Todestag jährt sich zum 15. Mal

Veröffentlicht am 04.02.2020 von Sigrid Kneist

An der Oberlandstraße in Tempelhof erinnert ein Gedenkstein an die kurdischstämmige Berlinerin. Am 7. Februar 2005 hat ihr jüngster Bruder sie dort an einer Bushaltestelle mit mehreren Kopfschüssen ermordet, weil die Familie den Lebenswandel der 23-Jährigen nicht billigte. Hatun Sürücü, die sich selbst Aynur nannte, wollte ein selbstbestimmtes Leben führen und sich nicht den patriarchalen Strukturen des Elternhauses unterwerfen. Der Mord kam einer Hinrichtung gleich. Der Bruder wurde nach Jugendstrafrecht zu einer Haftstrafe von neun Jahren und drei Monaten verurteilt. Zwei ältere Brüder, die ebenfalls angeklagt waren, sprach das Berliner Landgericht frei. Nach Auffassung des Gerichts konnte ihnen eine Tatbeteiligung nicht ausreichend nachgewiesen werden.

Juristisch nicht abgeschlossen. Einem erneuten Prozess in Berlin entzogen sich die Brüder vor Jahren, indem sie in die Türkei übersiedelten. Auch der jüngste Bruder ist längst aus dem Gefängnis entlassen und lebt ebenfalls in der Türkei. Der Fall ist nicht in letzter Instanz entschieden. Die beiden älteren Brüder wurden in der Türkei in einem ersten Verfahren freigesprochen, aber der Wiederaufnahmeprozess steht aus. Der Fall Sürücü hat seinerzeit in Deutschland für Diskussionen über Parallelgesellschaften und mangelnde Integration ausgelöst.

Gedenken im Rathaus Schöneberg. Am Freitag, 7. Februar, findet dort die Veranstaltung „Ein Zeichen setzen für Frauen*- und Mädchen*rechte und ein selbstbestimmtes Leben“ statt (18 Uhr, Louise-Schroeder-Saal). Zuvor wird um 14 Uhr Bezirksbürgermeisterin Angelika Schöttler (SPD) am Gedenkstein in der Oberlandstraße einen Kranz niederlegen. „Die Zahl der Frauentötungen und Gewalttaten gegen Frauen sind erschreckend und zeigen, dass es sich um ein tiefgreifendes gesellschaftliches Problem handelt. Darum ist es unabdingbar notwendig, konstant und sichtbar auf das Thema Gewalt gegen Frauen und Mädchen sowie auf das Phänomen der Femizide aufmerksam zu machen. Dieses tun wir, indem wir das Gedenken an Hatun Aynur Sürücü wachhalten“, sagt Schöttler. berlin.de

Gewinnerinnen des Hatun-Sürücü-Preises. Bereits zum achten Mal hat die Grünenfraktion im Abgeordnetenhaus den Preis ausgelobt. Mit ihm werden Projekte für die Förderung der Selbstbestimmung von Mädchen und Frauen ausgezeichnet. Den ersten Preis erhielt in diesem Jahr der Neuköllner Mädchenstadtteilladen ReachIna von Outreach gGmbH. gruene-fraktion.berlin – Text: Sigrid Kneist

Foto: imago/Jürgen Ritter

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