Namen & Neues

Pistolen und andere Schusswaffen im Schaufenster

Veröffentlicht am 21.04.2020 von Sigrid Kneist

Pistolen und andere Schusswaffen im Berliner Schaufenster. Die Auslage im Schaufenster an der Potsdamer Straße 183 im Schöneberger Norden hatte es in sich. Jede Menge kleinere Pistolen und größere Schusswaffen lagen dort. Dazu der Hinweis auf die Geschäftseröffnung: „Coming soon – Waffen Lipcom“. Ein Waffengeschäft wollte hier also einziehen. Das empörte die Mitglieder der Interessengemeinschaft IG Potsdamer Straße. Sie verfassten in der vergangenen Woche einen offenen Brief an die Gebäudeeigentümerin, die städtische Wohnungsbaugesellschaft Gewobag, und forderten sie auf, den Mietvertrag zu kündigen. Sie verwiesen auf die sozialen Belastungen in dem Gebiet, kriminelle Schwerpunkte, auf jahrelanges Quartiersmanagement.

„Wir leben gerne in diesem vielgestaltigen und bunten Kiez und engagieren uns, auch wenn es hier in manchen Aspekten schwierig ist. Deshalb sind wir mit den zahlreichen sozialen Einrichtungen hier im Kiez vernetzt, um ein friedliches Miteinander zu gestalten. Der Gewobag ist all dies bewusst, denn sie ist in vielen dieser Gremien mit eingebunden. Mit dieser Vermietung konterkariert sie jedoch alle Bemühungen um lebendige Vielfalt in unserem Stadtteil“, schrieb die IG Potsdamer Straße. „Nein, wir wollen keine Waffengeschäfte in unserem Gebiet.“ Scharfe Kritik kam auch von SPD, Grünen und Linken.

Erklärung der Gewobag. „Wir hatten beim Vermietungsstart am 01.02.2020 keinerlei Kenntnis über die Nutzung unserer Gewerbefläche als Waffengeschäft und sind hier getäuscht worden. Vermietet haben wir das Objekt als Showroom für Sicherheitsartikel. Wir sind selbst von Auslage des Geschäfts überrascht worden und distanzieren uns hiervon vollständig“, schreibt Unternehmenssprecherin Anne Gruber. „Als städtisches Wohnungsunternehmen tragen wir soziale Verantwortung für Berlin. Wir engagieren uns für eine aktive Nachbarschaft, für bürgerschaftliches Engagement und für Integration. Unsere BewohnerInnen sollen sich in ihrem Quartier sicher- und wohlfühlen. Selbstverständlich weisen wir die Unterstützung derartiger Geschäfte und Einrichtungen streng von uns.“ Die Auslage des Geschäfts sei bereits am Wochenende geräumt worden. Im hinteren Teil des Ladens sind aber auch danach noch Waffen zu sehen, wie am Montag auf Facebook veröffentlichte Bilder zeigen.

Was passiert weiter? Am Montag wollte die Gewobag ein Gespräch mit dem Mieter der Geschäftsräume führen. Am heutigen Dienstag teilte sie mit, „dass wir über Vertragsinterna und die hierzu laufenden Gespräche keine inhaltlichen Angaben machen können. Sie dürfen aber versichert sein, dass wir das Anliegen der Bewohner verstehen und bei der weiteren Klärung der Angelegenheit im Rahmen unserer Möglichkeiten berücksichtigen werden.“ Man bedaure „die in der Bewohnerschaft der Potsdamer Straße eingetretene Unruhe“ und sei in der mietrechtlichen Klärung.

Das sagt die Stadträtin. Auch sie sehe ein solches Geschäft in der Potsdamer Straße äußerst kritisch, sagte Ordnungsstadträtin Christiane Heiß (Grüne). Sie könne aber mit dem Gewerbeamt nicht eingreifen. Das Ordnungsamt nehme nur die Gewerbeanmeldung entgegen; diese sei nicht zu beanstanden. Waffenhandel als solcher unterliege der Kontrolle durch das Landeskriminalamt. – Text: Sigrid Kneist

+++ Dieser Text stammt aus dem Leute-Newsletter für Tempelhof-Schöneberg vom Tagesspiegel. In voller Länge unter leute.tagesspiegel.de

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