Namen & Neues

Ehrung für früheren Bundespräsidenten: Grünen wollen Richard-von-Weizsäcker-Platz

Veröffentlicht am 13.10.2020 von Sigrid Kneist

Ist das ein Zeichen einer Grünen-Annäherung an die CDU? Die Grünen in der BVV haben jetzt einen Antrag eingebracht, den Schöneberger Kaiser-Wilhelm-Platz nach Richard von Weizsäcker zu benennen. Der CDU-Politiker von Weizsäcker war von 1981 bis 1984 Regierender Bürgermeister in Berlin und von 1984 bis 1994 Bundespräsident, der vor allem nach seiner berühmten Rede zum 40. Jahrestag des Kriegsendes in Europa am 8. Mai 1985 viel geachtet war. In dieser Rede machte er seinerzeit deutlich, dass dieser Tag 1945 nicht einfach nur das Kriegsende, sondern auch die Befreiung Deutschlands vom Nationalsozialismus bedeutete. Überraschend an der Grünen-Initiative ist, dass sie über einen Antrag der CDU hinaus geht. Diese möchte Weizsäcker, der 2015 starb, ehren, indem die Ausstellungshalle im Rathaus Schöneberg, Heimat der Dauerausstellung „Wir waren Nachbarn“, nach ihm benannt werden soll. Das Rathaus Schöneberg war bis 1991 Amtssitz des Regierenden Bürgermeisters.

Angemessene Ehrung. „Dass die CDU sich bei der Ehrung eines der herausragenden Köpfe aus ihren eigenen Reihen mit einem Rathausraum begnügen will, ist eigentlich nicht nachvollziehbar“, sagt der Grünen-Verordnete Bertram von Boxberg. Einen zentralen Platz nach ihm zu benennen, sei seiner historischen Bedeutung angemessen.

Was sagt die CDU zu dem Vorschlag?  „Richard von Weizsäcker ist eine der herausragendsten Persönlichkeiten, die je in Tempelhof-Schöneberg gewirkt haben“, sagt der Fraktionsvorsitzende der CDU-Fraktion, Daniel Dittmar. Der Union sei es wichtig, für eine würdevolle und angemessene Präsenz von Weizsäckers im Bezirk zu sorgen. Deswegen kann sich die CDU auch vorstellen, dass man sowohl den Saal im Rathaus als auch eine Straße oder einen Platz nach ihm benennt.

Die Sozialdemokraten in der bezirklichen Zählgemeinschaft halten von diesem Vorstoß wenig: Sowohl der Vorsitzende des Schöneberger Ortsverbands Michael Biel als auch die SPD-BVV-Fraktionschefin Marijke Höppner verweisen in einer Antwort auf einen Facebookpost darauf, dass in Tempelhof-Schöneberg Straßen nach Frauen benannt werden sollen. Biel schlägt beispielsweise Marlene Dietrich vor, nach der erst vor einigen Monaten der Kinosaal im Rathaus benannt wurde. Auf meine Frage sagte von Boxberg, dass sich die Grünenfraktion durchaus dem Beschluss, Straßen vorrangig nach Frauen zu benennen, verpflichtet fühle. Aber die Persönlichkeit Richard von Weizsäckers sei derart bedeutend und außergewöhnlich, dass man in diesem Fall auch eine Ausnahme machen könne. Der Antrag wird jetzt im Kulturausschuss der BVV beraten.
Foto und Montage: Bertram von Boxberg