Namen & Neues
Homophobe Bibelverse: Staatsanwaltschaft stellte Ermittlungen ein
Veröffentlicht am 24.11.2020 von Sigrid Kneist
Einige der Bibelverse, die in dem Raum des kleinen koreanischen Imbisses Ixthys in der Pallasstraße hängen, können durchaus verstören. Besonders jener: „Und einem Mann sollst Du nicht beiliegen, wie man einem Weib beiliegt; Greuel ist dies.“ Der Spruch stammt aus dem dritten Buch Moses und ist eine ganz deutliche Verdammung von Homosexualität. Ende Juni habe ich darüber berichtet. Damals gab es einige Aufregung. Der Imbiss liegt mitten im Regenbogenkiez. Die aus Korea stammende Inhaberin Park Young-Ai bezeichnet sich selbst als gläubige Christin. Das wird auch schon durch den Namen Ixthys deutlich: das altgriechische Wort für Fisch, ein Erkennungszeichen der frühen Christen.
Erlaubt oder nicht? Aber ist ein solcher Spruch schon strafwürdig, zeugt er gar von Volksverhetzung? Oder ist das öffentliche Präsentieren dieses biblischen Zitats noch von dem durch die Verfassung garantierten Recht auf Meinungs- und Religionsfreiheit gedeckt. Die Staatsanwaltschaft hält inzwischen letzteres für zutreffend. Und stellte Ermittlungen gegen die Imbissbetreiberin wegen Volksverhetzung ein, wie mir ein Sprecher der Staatsanwaltschaft jetzt bestätigte.
Verfahren mit Hausdurchsuchung. Dem war allerdings bereits ein Ermittlungsverfahren inklusive Hausdurchsuchung im Imbiss vorangegangen. Nach einer Strafanzeige war die Staatsanwaltschaft aktiv geworden und hatte beim Amtsgericht Tiergarten einen Beschluss erwirkt. In diesem heißt es laut dem Internetportal katholisch.de, dem der Beschluss vorliegt: „Der Beschuldigten kam es gerade darauf an, durch die Auswahl des Bibelzitats und die Hervorhebung der genannten Passage ihre homophobe und menschenfeindliche Haltung öffentlich zum Ausdruck zu bringen. (…) Sie nahm wenigstens billigend in Kauf, dass das Bibelzitat geeignet ist, Hass und Gewalt gegen schwule Männer hervorzurufen oder zu verstärken.“
Bedenken in der Staatsanwaltschaft. Im Laufe des Verfahrens kamen innerhalb der Staatsanwaltschaft offenbar Bedenken auf. Sie beantragte selber beim Landgericht die Überprüfung der Durchsuchungsanordnung des Ermittlungsrichters. Die Strafermittlungsbehörde war nämlich „nach erneuter Überprüfung der Sach- und Rechtslage (ebenfalls) zu dem Ergebnis gekommen, dass unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Meinungs- und Religionsfreiheit keine Straftat vorlag“. Das Landgericht stellte Anfang November fest, dass die Durchsuchung rechtswidrig war. Die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren ein.
Im Sommer hatte Park Young-Ai mir in einem Telefonsgespräch gesagt, in der Bibel stehe, dass Homosexualität eine Sünde sei. Aber Schwule und Lesben würden natürlich bedient: „Wir lieben auch die Leute.“ Sie habe die Hoffnung, „dass sie zu Gott finden“. – Foto: dpa
+++ Dieser Text stammt aus dem aktuellen Leute-Newsletter von Sigrid Kneist für den Bezirk Tempelhof-Schöneberg. In voller Länge – und kostenlos – erhältlich unter leute.tagesspiegel.de. Und das sind die weiteren Themen:
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