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Homeoffice - ja oder nein? Bezirksamt nach zehn Monaten Pandemie

Veröffentlicht am 19.01.2021 von Sigrid Kneist

Ruft man auf der Internetseite des Bezirks die verschiedenen Ämter auf, findet man dort vor allem Hinweise, was momentan nicht möglich ist. „Die Möglichkeit der persönlichen Vorsprache ist bis auf Weiteres eingestellt“, heißt es beim Einbürgerungsamt. „Um die weitere Ausbreitung des COVID-19- Virus so weit wie möglich zu verzögern, findet im Gewerbeamt keine Sprechstunde statt!“, „Im Schul- und Sportamt finden derzeit keine Sprechstunden statt.“ oder „Die Sprechstunden im Stadtentwicklungsamt werden bis auf weiteres nicht mehr stattfinden. Sollten bereits Termine für individuelle Bauberatungen verabredet sein, setzen Sie sich sich bitte mit den Kolleg_innen direkt in Verbindung.“

Aus dem letztgenannten Amt, Abteilung Untere Denkmalschutzbehörde, erreichte am Montag folgende automatische Antwort ein Rechtsanwaltsbüro, die nach sehr hartem Lockdown klingt: „Aufgrund der Pandemie-Situation hat auch das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg bis auf Weiteres den Dienstbetrieb stark herunter zu fahren. Es können daher im Wesentlichen nur zwingend notwendige Aufgaben zur Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes und zur Gefahrenabwehr wahrgenommen werden. Auch die Erreichbarkeit des Stadtentwicklungsamtes und seiner Beschäftigten ist stark eingeschränkt, telefonisch kann eine Erreichbarkeit nicht gewährleistet werden, bei der Beantwortung Ihrer E-Mails wird es zu erheblichen Verzögerungen kommen. Gleiches gilt für schriftlich eingereichte Anfragen und Anträge aller Art.“ Darüber berichtete an diesem Morgen Tagesspiegel-Chefredakteur Lorenz Maroldt in seinem Checkpoint-Newsletter. (Hier zu abonnieren)

Wie sind die Ämter denn erreichbar? Verwiesen wird in der Regel auf telefonische Kontaktmöglichkeiten oder die Online-Bearbeitung. Aber wie ist das Bezirksamt zurzeit besetzt, sollten nicht ohnehin viel mehr Beschäftigte im Homeoffice sein? Nicht nur in Unternehmen, sondern auch in Behörden. Anfang Januar hatte dazu die Grünen-Politikerin Laura Sophie Dornheim den Aufruf gestartet: „Macht endlich auch die Büros zu!“ Wie hält es unser Bezirksamt in Tempelhof-Schöneberg? Das habe ich Bezirksbürgermeisterin Angelika Schöttler (SPD) gefragt.

Teams und Schichtdienste. „Die Entscheidung, wer im Homeoffice arbeitet, wird jeweils in den einzelnen Fachabteilungen getroffen“, sagt Schöttler. Zu den einzelnen Regelungen könne beispielsweise gehören, Teams zu bilden, die abwechselnd im Dienstgebäude und von zu Hause arbeiten, oder  Schichtdienstregelungen zu treffen, um zu vermeiden, dass mehrere Personen in den Büroräumen sitzen. „In der Pandemie ist tatsächlich von Vorteil, dass in den Dienstgebäuden des Bezirksamtes verhältnismäßig viele kleine bzw. Einzelbüros vorhanden sind“, sagt Schöttler. „Zum Schutz von Mitarbeitenden und Besuchenden gilt in allen Dienstgebäuden selbstverständlich Maskenpflicht und das Abstandsgebot.“

Wer hat einen sicheren Computerzugang? Rund 2000 Beschäftigte hat der Bezirk. Für etliche von ihnen ist der Zugang zum Computernetzwerk unerlässlich. Laut Schöttler wurde „die Zahl der entsprechenden Zugänge stark erhöht“. Aktuell seien 420 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter damit ausgestattet. „Homeoffice ist zum Beispiel auch dort möglich, wo Akten oder Vorgänge bearbeitet werden, die keinen Kundenkontakt voraussetzen“, sagt Schöttler. „In der Regel ist dies kein komplettes Homeoffice über fünf Tage die Woche, sondern tageweises Homeoffice, um immer wieder auch die Möglichkeiten und Kontakte im Büro nutzen zu können.“

Wo funktioniert es nicht? Schöttler nennt dafür die Bereiche, in denen Kundenkontakt notwendig ist, wie in den Bürgerämtern und im Standesamt oder im Außendienst von Ordnungsamt und Grünflächenamt. „Selbstverständlich gehört die Arbeit des gesamten Krisenstabes im Gesundheitsamt zu den Tätigkeiten, die Präsenz voraussetzen“, sagt Schöttler. Mit seinen Regelungen könne das Bezirksamt in der Pandemie ein hohes Maß an Arbeitsfähigkeit gewährleisten und gleichzeitig die Sicherheit der Mitarbeitenden soweit wie möglich am Arbeitsort sicherstellen.

Bewertung der Situation. „Zufrieden kann ich in Zeiten der Pandemie nicht sein. Allerdings möchte ich sagen, dass gemessen an der aktuellen Situation mit Pandemie und im Lockdown das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg immer noch sehr viele seiner Leistungen anbietet, was ein hohes Engagement der Beschäftigten voraussetzt“, sagt Schöttler. Nicht alle Leistungen, die normalerweise angeboten werden, könnten derzeit erbracht werden und manche auch nicht in der gewohnten Geschwindigkeit: „Dafür sind durch die Pandemie auch Tätigkeiten dazu gekommen, die normalerweise nicht geleistet werden müssen. Lieber wäre mir eine Zeit ohne Corona und das Anbieten des vollen Leistungsumfanges. Dann erst kann ich wieder zufrieden sein.“
Foto: dpa

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