Namen & Neues

Keine Lizenz fürs Digitale: BVV tagt analog

Veröffentlicht am 09.02.2021 von Sigrid Kneist

In der kommenden Woche sollte die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) in Tempelhof-Schöneberg zum ersten Mal seit Beginn der Pandemie digital stattfinden. Daraus wird nichts: Auch am 17. Februar werden die Bezirksverordneten wieder in der Schöneberger Sporthalle am Sachsendamm zusammenkommen. Dabei waren im Januar die rechtlichen Grundlagen dafür geschaffen worden: Das Abgeordnetenhaus beschloss eine Änderung des BVV-Gesetzes, so dass in außergewöhnlichen Situationen wie einer Pandemie die Bezirksverordneten über Videokonferenz tagen können. In der vergangenen Präsenzsitzung wiederum, die ursprünglich auch die vorerst letzte sein sollte, wurde die Geschäftsordnung der BVV entsprechend angepasst. Juristisch stand dem also nichts entgegen.

Woran liegt es also? Letztlich kann die Videokonferenz-BVV nicht stattfinden, weil die Zugangscodes für für die Plattform noch nicht eingegangen sind und deswegen ein Probelauf vor der eigentlichen Sitzung nicht möglich ist. Und das liegt daran, dass es für eine Bezirksverwaltung eben nicht so einfach ist, eine Lizenz zu erwerben. Bezirksverordnetenvorsteher Stefan Böltes (SPD) sagte, man habe sich für den Anbieter WebEx entschieden. Dies ist ein privater Videokonferenz-Service, bei dem die Datenschutzbeauftragten nicht so große Sicherheitsbedenken habe, sagt Böltes. Der Server stehe in Amsterdam. Aber eine Verwaltung könne nicht so einfach eine Lizenz besorgen. Das BVV-Büro habe jedenfalls feststellen müssen, dass es selber das nicht dürfe. Die IT-Stelle konnte es auch nicht. Und ohnehin vertreibt WebEx die Lizenzen nur über Lastschrift, bucht also selber den fälligen Betrag ab. Dies sieht die Landeshaushaltsordnung jedoch nicht vor, dort wird nur nach Rechnungsstellung gezahlt.

So sieht die Lösung aus. BVV-Vorsteher Böltes schloss also in der vergangenen Woche den Vertrag mit einer Mindestlaufzeit von zwölf Monaten auf seinen Namen ab, zahlte den Betrag (20 Euro monatlich) und bekommt diesen später aus seinem  Budget erstattet. Er ist nicht der Einzige, der in der öffentlichen Verwaltung so handelt. Das ganze Procedere inklusive der „schwierigen Kommunikation aller Beteiligten“ nahm so viel Zeit in Anspruch, dass es bis zur kommenden Woche einfach zu knapp ist.

Andere Bezirke sind da allerdings schon weiter: Reinickendorf beispielsweise tagt seit November digital, die Erfahrungen sind bisher gut. Charlottenburg-Wilmersdorf kommt seit Dezember per Videokonferenz zusammen, ebenso wie Friedrichshain-Kreuzberg, wo aber die erste Digitalsitzung aufgrund technischer Probleme abgebrochen werden musste.
Foto: Sigrid Kneist

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