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Bauarbeiten am Tempelhofer Damm: Die Busspur kommt

Veröffentlicht am 30.03.2021 von Sigrid Kneist

Das beherrschende Thema in der Bezirksverordnetenversammlung am vergangenen Mittwoch war der Tempelhofer Damm. Brauchen wir die Parkplätze, was ist mit den geschützten Radstreifen, wie breit darf während der U6-Bauarbeiten die Busspur sein, und wie viele Fahrspuren kann es für den Autoverkehr geben? Da dies alles miteinander zusammenhängt, wurde heftig darüber diskutiert. Meinen Bericht über die Bauarbeiten können Sie hier lesen: tagesspiegel.de

Plädoyer der Sozialdemokraten. Lars Rauchfuß, Bezirksverordneter und einer der beiden Kreisvorsitzenden der SPD, positionierte sich eindeutig für die geschützten Radspuren, die am Tempelhofer Damm zwischen Alt-Tempelhof und Ullsteinstraße gebaut werden sollen. „Wir wollen für alle Verkehrsteilnehmer den Verkehr dort sicherer machen“, sagte Rauchfuß  und verwies darauf, dass es auf der vielbefahrenen Straße viele schwere Unfälle mit Radfahrern und einen tödlichen Unfall gegeben habe. Der Radverkehr sei ein wesentlicher Bestandteil der Verkehrswende, die dazu beitragen soll, dass der individuelle motorisierte Verkehr weniger wird. Mit Blick auf CDU und FDP sagte Rauchfuß: „Sie tun gerade so, als ob es keinen Klimawandel gibt.“

Gemeinsam mit den Grünen und den Linken stimmten die Sozialdemokraten dafür, dass die geschützten Spuren umgesetzt werden sollen. Gleichzeitig setzten die drei Fraktionen plus FDP das Konzept durch, dass aufgrund der dadurch wegfallenden Parkplätze am Tempelhofer Damm in den angrenzenden Straßen eine Parkraumbewirtschaftungszone eingerichtet wird.  Diese soll allerdings nicht so weit reichen, wie es Verkehrsstadträtin Christiane Heiß (Grüne) ursprünglich vorgesehen hatte. Der entsprechende Umbau des Tempelhofer Damms für die Radspuren kann aber erst nach dem Ende der U-Bahnarbeiten im Herbst begonnen werden. Ursprünglich sollte er schon im Frühling starten. Von den U-Bahn-Arbeiten war der Bezirk vor gut zwei Wochen überrascht worden. Heiß beklagte eine Panne in der Abstimmung mit BVG und Senatsverwaltung.

Pro Autos. Bei einer weiteren Abstimmung in der BVV, ebenfalls zum Tempelhofer Damm, ging es dann allerdings auch den Sozialdemokraten eher um den Autoverkehr. Diskutiert wurde die Frage, dass es auch während der bevorstehenden Bauarbeiten an der U6 auf jeden Fall zwei Fahrspuren für den motorisierten Verkehr auf dem Tempelhofer und Mariendorfer Damm geben soll. Mit den Stimmen der Sozialdemokraten fanden die entsprechenden Passagen in einem Dringlichkeitsantrag der Union eine Mehrheit.

Freie Fahrt für den SEV. Wie berichtet, wird der Verkehr auf der U6 ab dem 14. April bis zum Beginn der Sommerferien sowie vom Ferienende bis zum Oktober wegen Bauarbeiten eingestellt. Stattdessen fahren dann Busse im Schienenersatzverkehr, in den Spitzenzeiten bis zu 36 Mal in der Stunde pro Richtung. Damit dieser Verkehr fließt, hatten Senatsverkehrsverwaltung und Stadträtin Heiß überlegt, eine überbreite Busspur anzulegen. Auf dieser hätten auch die Radfahrer sicher unterwegs sein sollen. Dann wären aber auf der Straße zum großen Teil keine zwei Spuren für den Autoverkehr möglich. Eine Busspur wird es jetzt zwar geben, aber eben keine besonders breite. Die Parkplätze fallen für die gesamte Zeit der Bauarbeiten weg.

Kritik von Radinitiativen. Das Netzwerk fahrradfreundliches Tempelhof-Schöneberg begrüßt zwar das Bekenntnis der BVV zu den geschützten Radspuren, kritisiert aber den Beschluss zur Busspur. „Diese Spuren sind auch wichtig für die Radfahrenden. Mit dem Rad durch Autoverkehr plus Busverkehr ohne zusätzlichen Platz wäre unerträglich. Aber dafür müssen auch ausreichend breite Spuren geschaffen werden. Denn auf den Umweltspuren werden mehr Menschen unterwegs sein als in den Autos. Deshalb ist es nur gerecht, wenn bei nicht ausreichender Breite der Autoverkehr Platz abgeben muss“, sagt Jens Steckel, ein Vertreter des Netzwerks.

Enttäuschung bei der Stadträtin. Auf Instagram schrieb Heiß, dass sich aufgrund dieser Abstimmung die Mehrheit der BVV nicht klar zu dem Ziel bekannt habe, Sicherheit für die schwächsten Verkehrsteilnehmenden während der gesamten Bauphase zu gewährleisten, wie sie durch eine breite Busspur gegeben wäre. Auf dieser hätten auch Radler geschützter unterwegs sein können. Insofern nehme sie „das BVV-Ersuchen nach flüssigem motorisiertem Individualverkehr“ mit in die Absprachen mit BVG und der Senatsverkehrsverwaltung, schrieb Heiß.

„Drohendes Verkehrschaos“. Das erwartet wiederum die CDU für die Zeit der Bauarbeiten. Sie kritisiert vor allem, dass die rund 700 Parkplätze zwischen den U-Bahnhöfen Tempelhof und Alt-Mariendorf für die gesamte Zeit wegfallen. „Unsere Forderung, abends und nachts sowie in den Sommerferien, wenn die Arbeiten ruhen, die rechten Spuren ganztägig zum Parken nutzen zu können, hat Rot-Grün abgelehnt. Die Tempelhofer werden die Verkehrssituation während der Bauzeit als Live-Test für die geplanten dauerhaften geschützten Fahrradstreifen, deren Einführung nun auf den Herbst 2021 verschoben wurde, erleben müssen“, sagt Fraktionschef Daniel Dittmar.
Foto: Imago

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