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Ja, wo laufen sie denn: Pläne für die Trabrennbahn Mariendorf

Veröffentlicht am 18.05.2021 von Sigrid Kneist

Die traditionsreiche Trabrennbahn macht Mariendorf bei den Freunden des Trabrennsports seit mehr als einem Jahrhundert über die Berliner Stadtgrenze hinaus bekannt. Hier findet jährlich im Sommer die wichtigste Veranstaltung dieses Pferdesports in Deutschland statt: die Derby-Woche mit dem „Deutschen Traber-Derby“ als Höhepunkt. Aber schon seit vielen Jahren hat die Trabrennbahn in Mariendorf immer wieder mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen. Das führte unter anderem dazu, dass vor etlichen Jahren im Norden ein Teil des Grundstücks planungsrechtlich abgetrennt wurde, um dort die Seniorenresidenz Rosenhof zu bauen.

Neue Pläne. Auch jetzt scheint es nicht mehr möglich zu sein, allein durch den Pferdesport die Anlage wirtschaftlich zu betreiben. Im Stadtentwicklungsausschuss des Bezirks stellte Jürgen Saalfrank, Geschäftsführer der Mariendorfer Trabrenn GmbH (MTG), Umbaupläne vor, durch die „das Gelände für den Trabrennsport dauerhaft erhalten bleiben“ und „die Weichen für eine mittel- und langfristige Zukunft gestellt werden“ sollen. Kern der Planungen ist es, dass man das Gebäudeensemble so weit ausbaut, dass es besser als Veranstaltungszentrum ohne Bezug zum Trabrennsport genutzt und damit das notwendige Geld verdient werden kann.

Was soll gebaut werden? Das ganze Ensemble steht unter Denkmalschutz, aber dieser gilt nicht für alle einzelnen Gebäude auf dem Areal. Die Stallungen beispielsweise, die sich im südlichen Teil den Mariendorfer Damm entlang ziehen, können weichen. Genau das sehen die Planungen der MTG auch vor: Sie sollen abgerissen werden. Sie würden auch nicht mehr benötigt. 40 Pferde seien dauerhaft auf dem Gelände eingestellt. An Renntagen könne man die Tiere in mobilen Zeltkonstruktionen unterbringen. An dem Standort soll ein sogenanntes Multifunktionsgebäude entstehen, in dem der Betriebshof, Werkstätten und der Tierarzt untergebracht werden.

Aber ganz besonders wichtig: Das Gebäude soll zum großen Teil auch als Parkhaus genutzt werden – mit 350 bis 400 Stellplätzen. Saalfrank wies im Ausschuss darauf hin, dass viele Besucher und Nutzer der Rennbahn mit dem Auto kämen und das Gelände nicht gut an das Bus- und Bahnnetz angebunden sei. Zwar gibt es dort eine Bushaltestelle, diese wird aber nicht von dem Expressbus von und nach Schönefeld angefahren. Der U-Bahnhof Alt-Mariendorf sei über einen Kilometer entfernt. Während der Renntage komme es immer wieder durch den Parksuchverkehr vor allem in den anliegenden Straßen, besonders dem Hirzerweg, zum Verkehrschaos, sagte Saalfrank. Die bisherigen Parkplätze seien nicht ausreichend.

Das Festzentrum. Die größten baulichen Veränderungen sind für das Haupttribünenhaus geplant, das sich ganz im Nordwesten der Anlage befindet und bisher über fünf Stockwerke hinwegzieht. Durch den Umbau sollen Ebenen zusammengefasst werden, so dass letztlich drei Etagen bleiben und große Veranstaltungssäle für Festivitäten und Kongresse entstehen können. Wie Saalfrank weiter berichtete, sollen die denkmalgeschützten Ställe und das Casino denkmalgerecht saniert werden. Der derzeitige bauliche Zustand vieler Gebäude sei schlecht.

Skepsis bei SPD und Grünen. Besonders die Vertreter dieser beiden Fraktionen schienen von den Plänen nicht überzeugt, Der Sozialdemokrat und Ausschussvorsitzende Axel Seltz äußerte seinen Eindruck, dass es mit diesem Konzept „weg vom sportlichen Charakter hin zu einem Eventbereich“ der Trabrennanlage gehe.  In diesem Tenor argumentierte auch Grünen-Fraktionschef Rainer Penk. Die Planungen machten den Anschein, „dass hier ein Kongresszentrum entstehen soll, an dem ab und zu mal ein paar Pferde vorbeilaufen“. Hinsichtlich des Parkhauses sagte er, dies sei an der falschen Stelle geplant, da es am komplett anderen Ende des Rennbahngeländes liege als das Veranstaltungszentrum. Er frage sich, ob man nicht besser Parkplätze auf dem benachbarten Einzelhandelsareal nutzen könne.

Rennbahn mit Tradition. Die Anlage wurde 1913 gebaut. Architekt war August Endell, nach dem auch die offene kaiserliche Tribüne benannt wurde. Bereits im ersten Jahr ihres Bestehens rettete der jüdische Verleger Bruno Cassirer die Anlage vor dem Konkurs. Er blieb bis 1933 Vorsitzender des Trabrennvereins Mariendorf. Nach dem Krieg fand das erste Trabrennen in Berlin auf der Rennbahn in Karlshorst statt, in Mariendorf ging es dann 1946 wieder los. Im Jahr 2005 erwarb der Unternehmer Ulrich Mommert, der in der Autozulieferindustrie sein Geld gemacht hat und ein großer Freund des Trabrennsports ist, das Areal. Sein finanzielles Engagement ist auch heute für die Rennbahn existenziell.

Das gibt’s außerdem auf der Rennbahn. Im Zentrum des Geläufs wurde übrigens vor Jahren ein Golfplatz angelegt. Bebauen kann man diese Fläche nicht, da die Rennbahn von allen Seiten zu sehen sein soll. Außerdem würden Gebäude die Tiere im Rennen irritieren. Getrabt wird in Mariendorf übrigens stets im Uhrzeigersinn.

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Foto: dpa

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