Namen & Neues

Straßennamen 2: Ehrung für Mali und Igel

Veröffentlicht am 25.05.2021 von Sigrid Kneist

Die kleine Grünanlage an der Apostel-Paulus-Straße/Salzburger Straße soll nach einem Beschluss der BVV in der vergangenen Woche künftig den Namen „Mali-und-Igel-Platz“ tragen. Damit soll an zwei Vorreiterinnen der lesbischen Subkultur in Berlin erinnert werden. Amalie Rothaug (Spitzname Mali) und und Elsa Conrad (Spitzname Igel) führten in den zwanziger Jahre bis zum Beginn der Nazizeit die Damenvereinigung, zu der das Tanzlokal „Monbijou des Westens”/„Mali und Igel“ gehörte. Die Damenvereinigung mit ihren 600 Mitgliedern zählte zu den exklusivsten Klubs der Stadt; das Tanzlokal sollen vor allem intellektuelle Frauen und Künstlerinnen besucht haben. Die Nazis zwangen Conrad und Rothaug bereits 1933, das Lokal zu schließen. Dieses befand sich in der damaligen Lutherstraße 16, heute Martin-Luther-Straße 2.

Verfolgung durch die Nazis. Elsa Conrad, die von den Nazis als Halbjüdin eingestuft wurde, wurde von ihrer Untermieterin wegen NS-kritischer Äußerungen denunziert. Noch bevor sie eine fünfzehnmonatige Gefängnisstrafe wegen der „Beschimpfung von Regierungsmitgliedern” abgebüßt hatte, wurde sie 1937 in das KZ Moringen verschleppt und dort als Jüdin und Homosexuelle in „Schutzhaft” genommen. Ausdrücklich wurde dabei auch darauf verwiesen, dass sie lesbisch veranlagt und „Verhältnisse zu lesbisch veranlagten Frauen“ hatte. Eine Entlassung aus der KZ-Haft wurde an die Bedingung geknüpft, dass sie Deutschland verlässt. Bertha Stenzel, eine frühere Geliebte, verschaffte ihr die Papiere und eine Schiffspassage nach Ostafrika.

Elsa Conrad kehrte verarmt und schwer erkrankt 1961 in die Bundesrepublik zurück, wo sie zwei Jahre später starb. Amelie Rothaug gelang es 1936, in die USA zu emigrieren. 1950 erhielt sie die amerikanische Staatsbürgerschaft. Sie starb 1984 im Alter von 94 Jahren in Florida. In den Quellen gibt es unterschiedliche Angaben darüber, ob sie jüdischer Herkunft war oder nicht und auch aus diesem Grund vor der Verfolgung durch die Nazis fliehen musste.

Die Gäste und das Lokal. Zu den Gästen zählten die Schauspielerinnen Marianne Hoppe und Marlene Dietrich. Der Club war so exklusiv, dass auf Werbeinserate in Zeitungen verzichtet wurde. Männer hatten nur in Ausnahmefällen Zutritt. Vera Hollaender, die Cousine des Komponisten Friedrich Hollaender, beschrieb die beiden Betreiberinnen folgendermaßen: „Igel war kräftig, ein bisschen dicklich, kurze Haare, Hände immer in den Hosentaschen, burschikos. Mali war äußerlich das Gegenteil.“

Quellen: wordpress.com (pdf) und berlin.de (pdf)

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